Station: [4] TRäuber Leichtweiß


F: Heinrich Anton Leichtweiß ist in Dotzheim und Umgebung „weltbekannt“: Er kam um 1756, mit gut 30 Jahren, nach Dotzheim, heiratete und betrieb die Wirtschaft und die Gemeindebäckerei im Gasthaus „Zum Engel“. Später war er sogar für die Eintreibung und Abrechnung der Gemeindesteuern zuständig.

Mit über 60 Jahren wird er Opfer eines Justizirrtums oder gar Rechtsmissbrauchs. Er wird des Einbruchs und der Wilderei beschuldigt und ins Zuchthaus geworfen. Als er nach einem Jahr freikommt, geht er nicht zurück ins Dorf: Er zieht sich in die umliegenden Wälder zurück. Knapp zwei Jahre lebt er in einer Höhle im Wald, dann wird er erneut geschnappt, willkürlich eingekerkert und stirbt 1793 im Zuchthaus.

M: Als Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr Kurgäste nach Wiesbaden kommen, erkennt die Stadt das Potenzial dieser Geschichte: Seine einstige Höhle wird ausgebaut, der angebliche Wilddieb Leichtweiß zu einem gefährlichen Räuber erklärt, um den sich schaurig-schöne Legenden ranken. Die Leichtweiß-Höhle im Nerotal wird zu einer echten touristischen Attraktion und Leichtweiß wird sogar zu einer literarischen Figur: Seine vermeintlichen Abenteuer erscheinen als Groschenheftchen zu je 10 Pfennig. Als Buch gebunden, füllt die erdichtete Lebensgeschichte schließlich ganze Bände.

F: Und die Taten des Räubers Leichtweiß beflügeln die Phantasie der Leserschaft weit über Dotzheim und Wiesbaden hinaus: Noch 1994 erscheinen mehrere Ausgaben der Räubergeschichten in russischer Übersetzung… im sibirischen Krasnojarsk!