Station: [6] Dotzheimer Arbeiterschaft


F: Auch wenn die echten Dotzheimer es nicht gerne hören: Im 19. Jahrhunderts war Dotzheims Schicksal eng mit seinem großen Nachbarn, der Kurstadt Wiesbaden, verbunden.

1806 erhoben die Nassauischen Herzöge Wiesbaden zu ihrer Residenz: Das Historische Fünfeck, das Alte Kurhaus und das Stadtschloss entstanden. Ab der zweiten Hälfte des Jahrhunderts boomte der Kurbetrieb. Wiesbaden empfing Kurgäste aus aller Herren Länder, die Stadt wuchs, unzählige Bauten entstanden…

M: … und viele der Arbeiter, die Wiesbaden in eine prächtige Kurstadt verwandelten, kamen aus Dotzheim herüber. Selbst die ehrfurchtsvolle Bezeichnung „Weltkurstadt“ stammt nicht aus Wiesbaden selbst: 1852 prägte der Dotzheimer Pfarrer Dr. Robert Haas diesen Begriff.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wuchs das 600-Seelen-Dorf auf die stolze Zahl von 4.000 Einwohnern. Viele junge Männer ließen sich als Handwerker oder Arbeiter nieder und gründeten hier eine Familie. Und sie brachten ihr Klassenbewusstsein mit: Der Ort – bald als „rotes Dotzheim“ verschrien – galt als Hochburg der Sozialdemokratie. Die Arbeiter pflegten ihre eigene Vereinskultur und hielten politische Versammlungen, Chorabende und Sportwettbewerbe ab. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts trotzten sie den Arbeitgebern in mehreren Streiks bessere Arbeitsbedingungen ab und im November 1918 tagte kurzzeitig sogar ein Arbeiter- und Bauernrat.