<< < Station: [101] Hubert Hartmann: Gitarrenspieler


Möchten Sie wissen, wie dieses Kunstwerk entstanden ist? Christiane Hoffmann, die Leiterin des Kunst- und Stadtmuseums Rheda-Wiedenbrück, erklärt es Ihnen im Gespräch mit dem Geschäftsführer vom Sitzmöbelhersteller COR.

Christiane Hoffmann:

Der Lautenspieler von Hubert Hartmann ist eines der populärsten Werke im öffentlichen Raum und zeigt eine Bronzefigur eines jungen sitzenden Gitarrenspielers. Wir haben jetzt Leo Lübke vor uns, der besondere Erinnerungen an diesen Lautenspieler hat.

Leo Lübke:

Ja, ich kann mich noch erinnern, dass mein Vater mich fragte, der mit Hubert Hartmann befreundet war, ob ich nicht Interesse hätte, Modell zu stehen für den Lautenspieler. Und hab ich mich geehrt gefühlt und geschmeichelt, und neugierig war ich natürlich auch. Und bin dann in das Atelier von Hartmann in die Rietberger Straße gefahren und hab dann da ganz kurz – es war vielleicht eine Viertelstunde, vielleicht war es auch eine halbe – Modell gestanden und er hat dann vor allem meine Schulter und Nackenpartie genau sehen wollen und hab mir dann zum Abschied noch zehn Mark glaub ich in die Hand gedrückt. Und das war für mich ein wunderschöner Tag und freue mich hinterher natürlich auch darüber, ja, diesen Lautenspieler an prominenter Stelle in Wiedenbrück am Konrad-Adenauer-Platz immer wieder sehen zu können.

Christiane Hoffmann:

Das Atelier Hartmann haben Sie besucht, um für den Lautenspieler Modell zu sitzen. Welchen Eindruck machte dieses Künstleratelier auf Sie?

Leo Lübke:

Das war ein sehr schöner, ruhiger, friedlicher Ort, den ich erinnere. Man kommt so auf die Auffahrt und dann liegt rechts das alte Wohnhaus, und dann ging man weiter in eine Art Scheune, offene Scheune und das war das Atelier und innen drinnen war alles weiß gestrichen und dadurch war es sehr hell, es waren natürlich Fenster oben im Dach, wie das beim Atelier sein muss, damit man ein sehr schönes, helles und weiches Licht hat. Und es war eine sehr angenehme Atmosphäre. Ich erinnere mich auch, wie Herr Hartmann mich immer musterte und wie er dann wieder anfing, etwas zu kratzen im Lehm und so im Ton und das war für mich alles ganz, ganz spannend, das hatte ich vorher noch nicht erlebt.

Christiane Hoffmann:

Herr Lübke, wie alt waren Sie, als Sie dem Lautenspieler sozusagen Modell gestanden haben und ihn ins Leben…

Leo Lübke:

Ich war meines Wissens 16 Jahre alt, 16 oder 17 Jahre alt.

Christiane Hoffmann:

Was meinen Sie? Ist das vielleicht auch der Grund, weswegen diese Figur bis heute populär ist, dass es so ein Identifikationspunkt ist? Junge Männer können sich damit identifizieren. Eltern können sich damit identifizieren. Oder woran liegt wohl der Zauber?

Leo Lübke:

Der Zauber liegt bestimmt darin, dass es eben etwas sehr Jugendliches ist und dass der Junge da so entspannt sitzt. Leicht melancholisch vielleicht, aber sehr nahbar. Und mit der Gitarre natürlich etwas tut, was Gemeinschaft schafft. Also, die die Idee von Lagerfeuer, Romantik, vielleicht auch ein bisschen. Oder wenn junge Leute zusammensitzen um einen Gitarristen herum, der vielleicht Lieder anstimmt, die man auch gemeinsam singen kann. Das hat auch etwas sehr, sehr Sympathisches und auch etwas, was, was eine gewisse Sehnsucht sogar auslösen kann.

Christiane Hoffmann:

Jetzt sind ja schon viele Jahre vergangen. Das heißt, Sie kommen immer wieder auch an dem lauten Spieler vorbei. Erinnern Sie sich heute da noch dran? Oder ist es so Alltag geworden, diese Figur?

Leo Lübke:

Das ist Alltag geworden und die Figur hat sich natürlich total von mir emanzipiert. Also auch wenn ich sie betrachte, denk ich nicht immer, dass ich da mal Modell gestanden habe. Das ist einfach... Die ist Teil der Wiedenbrücker Stadt geworden, Teil des Platzes eigentlich geworden. Und ich finde es aber auch toll, dass es Kunst im öffentlichen Raum gibt. Und da gibt es noch einige Punkte in Rheda-Wiedenbrück, die eigentlich von Kunst auch ein bisschen geprägt werden, und darüber freue ich mich eigentlich am meisten.

Christiane Hoffmann:

Jetzt haben sie ja selber auch Kinder. Wie sehen die den Lautenspieler? Wissen Sie das?

Leo Lübke:

Ich hab natürlich erzählt, dass ich das bin. Und dann haben sie mal gelacht und mich überhaupt nicht erkannt. Ich muss sagen, dass ich auch, als ich damals das fertiggestellte Kunstwerk gesehen habe, mich nicht darin erkannt habe. Also Herr Hartmann hatte nicht die Absicht, mich zu porträtieren, es sollte ich also keinen Leo Lübke sein, sondern es sollte ein Gitarrenspieler sein. Und ich habe nur für die Proportionen, also als Körper im Prinzip Modell gestanden.

Aber sie finden das ganz interessant, natürlich. Aber ich weiß nicht, was Sie für eine Einstellung zu dem zu dem Gitarrenspieler haben. Das kann ich nicht sagen. Er ist so zeitlos irgendwo. Aber es ist natürlich kein progressives, modernes Kunstwerk, es ist ein Kunstwerk, was im Prinzip alle anspricht. Jung wie alt. So. Es ist natürlich nicht eckig oder so. Es nicht an. Es provoziert nicht. …kann man sich gar nicht dagegenstellen, dagegen äußern. Gibt es andere Dinge in Rheda-Wiedenbrück vielleicht, die sich mehr annähern wollen an den Zeitgeschmack oder sich anbiedern wollen auch. Und das finden junge Leute glaube ich ganz schlimm. Das mögen die überhaupt nicht und ich auch nicht. Ich mag das auch nicht.

Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum