Station: [2] Gustav Adolf Boenisch | Stürmische Fjordlandschaft im Mondschein, 1832


1831 reiste der Landschaftsmaler Gustav Adolf Boenisch zusammen mit einem Berliner Studienfreund nach Norwegen. Er war einer der ersten deutschen Künstler, die unter dem Einfluss der Werke von Johan Christian in den hohen Norden reisten, um die imposante Natur zu sehen und künstlerisch umzusetzen. Kunsthistorisch betrachtet, war das Land ja erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts „entdeckt“ worden

Das kleine Gemälde mit dem Titel „Stürmische Fjordlandschaft im Mondschein“, das ein Jahr nach ihrer Rückkehr entstand, zeigt wohl den Sognefjord, Europas tiefsten und längsten Fjord. Nur ein verhältnismäßig schmaler Bildbereich ist dem aufgewühlten Meer vorbehalten, auf dem ein Schiff unter vollen Segeln seinen Kurs nimmt. Trotz der starken Böen versuchen drei Männer in einem Ruderboot das Segelschiff zu erreichen. Woher sie kommen, bleibt ungewiss. Das Geschehen spielt sich vor einem mächtigen, bedrohlich in den Himmel ragenden Felsmassiv ab. In größeren Höhen wird das zerklüftete Gestein von Nebel umhüllt, die höchsten Gipfel sind von Schnee bedeckt. In der Ferne werden Möwen und ein weiterer Segler sichtbar – vor der Naturgewalt der gigantischen Felswand ist er so unendlich klein! Der Grau verhangene Himmel reißt an mehreren Stellen auf und taucht die Segel des Schiffes ebenso wie das Ruderboot in helles Mondlicht. 

Boenisch hat das grau-blaue Kolorit mit feinmalerischer Akkuratesse herausgearbeitet und bringt auf diese Weise die besondere nächtliche Atmosphäre bei Mondschein zur Geltung. Im Angesicht der unberechenbaren Naturgewalt „Meer“ übte ein solches Seestück eine große Faszination auf das damalige Kunstpublikum aus, stellt es doch zugleich ein Sinnbild für die Ohnmacht und das Ausgeliefertsein des Menschen dar. Die Zeitgenossen wähnten sich erst im Lauf des industriellen Zeitalters und nach Erfindung und Weiterentwicklung der Dampfmaschine sicherer vor solchen Schiffsunglücken – doch dies war trügerisch und stand im Widerspruch zur Realität!