Station: [7] Lenes Vater ist Totengräber


David Engel: Lene?

Lene: Ja, Vater?

David Engel: Sag, Lenchen, du bist doch schon ein großes Mädchen, nicht wahr?

Lene: Na ja… also… sechs bin ich. Aber das weißt du doch.

David Engel: Ja, Lenchen, das weiß ich! Meine Lene ist schon sechs Jahre alt! Und deswegen bekommt sie heute eine besondere Aufgabe.

Lene: Eine schöne oder eine anstrengende?

David Engel: Nun ja… eine wirklich schöne Aufgabe ist das nicht. Aber eine wichtige. Und eine nützliche. Magst du deinem Vater ein bisschen zur Hand gehen?

Lene: Dir helfen? Ja, sehr gern! Soll ich dir dabei helfen, den Webstuhl zu verrücken? Oder die Schiffchen ordnen? Oder neues Garn einspannen? Aber das ist ja noch etwas zu schwer für mich…

David Engel: Nein, danke, Lenchen. Mit dem Webstuhl ist alles in Ordnung. Und ich will auch schnell noch diesen Kelsch zu Ende weben. Deswegen könntest du mir bei meinem anderen Beruf helfen. 

Lene: Dein anderer Beruf?

David Engel: Na, du weißt schon. Wenn jemand gestorben ist…

Lene: Dann kümmerst du dich um die Beerdigung. Und der Herr Pfarrer natürlich. Aber du legst den Menschen in den Sarg, verschließt ihn und lässt ihn in die Erde. Und vorher hast du natürlich das Loch gegraben.

David Engel: Genau. Und dieses Mal werde ich nur ein ganz kleines Loch graben müssen.

Lene: Warum denn das?

David Engel: Weil ein kleiner Mensch gestorben ist. Das Kind von den Philipps… 

Lene: Der kleine Jakob? Aber der war doch noch ziemlich klein.

David Engel: Ziemlich klein und deswegen auch ziemlich schutzlos. Und jetzt ist er gestorben. Also, der liebe Gott hat ihn zu sich gerufen. Und damit wir ihn schön begraben können, müsstest du ihn abholen. 

Lene: Gut, dann mache ich das.

David Engel: Hier, du nimmst dieses Leinentuch und bringst es der Mutter vom Jakob. Und die wickelt ihn dann gut darin ein und gibt ihn dir. Und du bringst ihn dann geschwind zu uns, damit ich ihn in ein kleines Säcklein legen und auf dem Friedhof begraben kann.
Machen wir das so, Lenel? 

Lene: Na gut. Dann machen wir das so. Dann gehe ich mal los.

David Engel: Du bist wirklich meine große Lene.

 

 

Fotos: © Heimatmuseum Neuried