<< < Station: [20] Luise Hensel


Luise Hensel:

Müde bin ich… warte mal… müde … Müde bin ich, geh zur Ruh… ja genau, das ist gut… geh‘ zur Ruh… zu… Augen zu… schließe beide Augen zu… ja, das könnte gehen: Müde bin ich, geh zur Ruh‘, schließe beide Augen zu… und jetzt… warte mal… jetzt muss Gott kommen. Also: Gottvater… nein, nur „Vater“: Vater, lass deine Augen… nein, auf „Augen“ reimt sich zu wenig. Also: lass‘ die Augen dein… Vater, lass die Augen dein… über meinem Bette sein! So klappt’s!

Müde bin ich geh zur Ruh‘

Schließe beide Augen zu

Vater, lass die Augen dein

Über meinem Bette sein.

 

Wunderbar, klingt gut! Hups! Wer seid ihr denn?

Josef:

Gott zum Gruße, wir sind zwei Kinder und wir haben Ihnen gerade zugehört. Also, ich bin der Josef. Und ich arbeite hier… also, ich habe früher hier gearbeitet. Ich werde Kunsttischler wie der Herr Diedrichs und Herr Knoche.

Luise Hensel:

Das ist ein schöner Beruf. Dann lernst du all die schönen Statuen für unsere Kirchen zu schnitzen und die riesigen Altäre zu bauen.

Josef:

So ist es!

Luise Hensel:

Und ich bin Luise. Luise Hensel. Ich bin Dichterin…

Josef:

Oh!

Luise Hensel:

… und ich schreibe Gedichte, in denen es um Gott geht. Und um Jesus. Damit die Menschen immer kräftig an ihrem Glauben festhalten und sich nicht erschüttern lassen und die Lehren des Herrn immer vor Augen haben. Also, eigentlich machen wir beide dann fast das gleiche: Ich mit Worten und du mit Holz. Wir geben Gott eine Gestalt.

Josef:

Das haben Sie aber schön gesagt. Aber warum tun Sie das hier oben… auf dem Dachboden… in der Ecke?

Luise Hensel:

Das ist doch nur ein kleiner Platz hier im Museum. Tatsächlich lebe ich unten am Marktplatz, genau gegenüber von der Aegidiuskirche.

Josef:

Am Markt? An der Aegidiuskirche?

Luise Hensel:

Ja, diesen Ort habe ich mir ausgesucht. Ich bin extra nach Wiedenbrück gezogen, weil es hier so schön ist. Und wenn ich aus dem Fenster schaue, dann sehe ich die Kirche und die Vesperbildkapelle…

Josef:

Die hat der Herr Goldkuhle errichtet!

Luise Hensel:

Ganz genau. Im neugotischen Stil. Und die Figur mit der Muttergottes und dem gekreuzigten Jesus, die liebe ich ganz besonders.

Josef:

Sie ist aber auch ein bisschen traurig.

Luise Hensel:

Ja, traurig, aber auch beruhigend. Denn sie zeigt die wahre Liebe unter den Menschen. Wenn du das nächste Mal dort vorbeigehst, schau doch mal genau hin. Und vielleicht treffen wir uns dort ja noch einmal.

Jetzt muss ich aber noch ein wenig weiterdichten. Dieses Gedicht soll die Menschen auch beruhigen und gut schlafen lassen. Ich nenne es „Nachtgebet“. Also, wo war ich stehengeblieben? :

Müde bin ich geh zur Ruh‘

Schließe beide Augen zu

Vater, lass die Augen dein…

 

Josef:

Was meinst du? Wollen wir wirklich mal in die Stadt gehen, zur Kirche und so? Wie die nette Frau Hensel gesagt hat? Hier scheinen wir ja jetzt alles gesehen zu haben… in meiner Werkstatt… und in deinem Museum.

Also, auf geht’s nach draußen. Da treffen wir uns wieder!

 

Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum