<< < Station: [16] Trachten auf Föhr


M: Schau mal, diese Puppen tragen aber besondere Kleidung.

F: Ja, diese Kleider sind wirklich etwas ganz Besonderes für Föhr. Man nennt sie „Trachten“. Je nachdem, was man vorhatte, hat man eine bestimmte Tracht getragen. Ein paar davon tragen die Frauen auf Föhr bis heute, aber andere kennen wir nur noch von Bildern… oder eben aus dem Museum.

M: Trachten? Und die gibt es nur auf Föhr?

F: Trachten gibt es auch an anderen Orten, aber die unterscheiden sich sehr von den Föhrer Trachten. In Bayern zum Beispiel sehen sie ganz anders aus, man kann also gleich an der Tracht erkennen, woher eine Frau kommt.

M: Warum haben sich die beiden Frauen rechts denn ihre Gesichter so verhüllt?

F: Das hat unterschiedliche Gründe. Die Frau ganz rechts mit der weißen Schürze trägt einen schwarzen Umhang um den Kopf. Leider ist ein Mensch aus ihrer Familie gestorben und zur Beerdigung verbirgt sie ihr trauriges Gesicht mit dieser „Surregkap“, wie wir den Umhang nennen. Diese Tracht gibt es aber schon seit über 100 Jahren nicht mehr und sie wurde auch nicht überall auf Föhr getragen, sondern nur bei Beerdigungen in der Kirche in Nieblum.

M: Oh nein, die Arme. Ist die Frau links daneben auch traurig?

F: Nein. Sie ist auf dem Weg zur Arbeit. Erinnerst du dich, dass die Föhrer Männer als Seefahrer unterwegs waren und manchmal sehr lange von zuhause weg waren? Das bedeutete für die Frauen, dass sie sich um die Feldarbeit kümmern mussten. Daher nennt man diese Kleidung die „Feldarbeitstracht“. Sie trägt ein Tuch um das Gesicht, um sich vor der Sonne zu schützen. Sonnencreme gab es noch nicht und braun zu werden war damals nicht schick. Aber auch diese Tracht wird heute nicht mehr getragen.

M: Welche von diesen Kleidern trägt man denn heute noch?

F: Siehst du die Frau in der Mitte mit der weißen Schürze und dem vielen Schmuck? Diese Tracht sieht man noch am häufigsten.
Wir nennen sie die „Festtagstracht“. Sie wird nur an ganz besonderen Tagen angezogen, zum Beispiel zur Konfirmation, zur Hochzeit oder zu großen Familienfeiern. Wir Frauen auf Föhr sind immer ganz stolz, wenn wir sie tragen dürfen. Es dauert aber wirklich lange,
bis sie fertig angezogen ist. Mehr als eine Stunde! Und weißt du was? Wir können das nicht einmal allein!

M: Ihr könnt euch diese Tracht nicht allein anziehen? Wieso denn das nicht?

F: Sie besteht aus so vielen verschiedenen Einzelteilen. Siehst du das schöne, grüne Tuch, das die Frau um die Schultern trägt? Damit es richtig gut sitzt, muss es vorher mit unzähligen Stecknadeln festgesteckt werden! Und das Kopftuch, das fast aussieht wie eine Mütze, das ist eigentlich ein großes, viereckiges Tuch. Auch das muss erst einmal um den Kopf gewickelt und mit Stecknadeln festgesteckt werden. Die Fransen und Stickereien müssen genau an der richtigen Stelle sitzen und vorne legt man ein Stück Pappe in das Tuch, damit es so schön rund wird. Siehst du?

M: Ja. Das stell ich mir wirklich schwierig vor.

F: Das ist es auch. Nur wenige Frauen auf der Insel wissen, wie das genau geht.

M: Das ist ja unglaublich. Die Tracht ganz links hat ähnlichen Schmuck wie die Festtagstracht, die du mir gerade gezeigt hast, aber sie ist bunt. Trägt man die auch noch?

F: Nein. Das ist die Festtagstracht, wie man sie vor ungefähr 200 Jahren getragen hat. Sie bestand aus Stoffen, die die Männer aus fernen Ländern von der Seefahrt mitgebracht hatten, die waren eben bunt. Das Kopftuch fand man schöner, wenn es nicht so hochgebunden war und das Halstuch wurde ohne Nadeln nur locker umgelegt. Wie du siehst, verändern sich auch Trachten, wenn etwas Neues modern wird.

M: Das ist wirklich interessant. Was ist mit der Tracht dazwischen?

F: Du meinst die Schwarze, mit dem gekreuzten Schultertuch und dem wenigen Schmuck? Das ist die Sonntagstracht. Früher haben die Föhrerinnen sie jeden Sonntag zum Gottesdienst in der Kirche getragen. Heute ziehen die Frauen sie nur noch selten an, z. B. manchmal zu einem Fest.

M: Aber wenn es ein Fest gibt – was ziehen dann die Männer an? Wo sind denn die Trachten für Männer?

F: Es tut mir leid, aber für die Föhrer Männer gibt es keine Tracht. Als Seefahrer kamen sie ja früher viel herum in der Welt und haben dann immer die Kleidung getragen, die in den großen Städten gerade in Mode war.

Fotos: © Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum