Ab 24. März 2018 zeigt das Museum LA8 in Baden-Baden die Ausstellung „GEDIEGENER SPOTT. Bilder aus Krähwinkel“. Das Biedermeier in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestand nicht nur aus behaglichen Möbeln, Hausmusik und unpolitischer Privatheit. In den bürgerlichen Wohnstuben wurde manchmal laut und frech gelacht, und zwar über die lustigen Grafiken, die das absurde Treiben der anständigen Bürger in Krähwinkel zeigten. Die beliebten Drucke sprengten gewohnte Redewendungen auf, indem sie diese allzu direkt in Bilder übersetzten. Kunstmaler, die auf der Suche nach Inspiration durch die Landschaft streifen, malen dann etwa hingebungsvoll lange Streifen in die Landschaft. Als altehrwürdige Sprichwörter nicht mehr Ordnung und Sinnzusammenhang gewährleisteten, bekam die geschlossene Idylle einen Knacks und öffnete sich für die Bildbetrachter durch ihr eigenes verblüfftes Lachen. Aus der Mitte der braven, gemütlichen Biedermeier-Welt entsprang eine anarchistische Komik, eine infantile Unterbietungsstrategie. Diesen scheinbar kindischen Humor in Bildern konnten Obrigkeit und Zensur kaum so effizient unterdrücken wie die politische Dichtung des Vormärz. Der Name Krähwinkel für eine fiktive Kleinstadt, das Zuhause kleinbürgerlicher Beschränktheit irgendwo in der deutschen Provinz, taucht erstmals bei Jean Paul (1763–1825) auf. August von Kotzebue (1761–1819) bringt in sein Lustspiel »Die deutschen Kleinstädter« deutliche Gesellschaftskritik ein. Aus der Literatur – auch Heinrich Heine widmet sich den Krähwinklern – findet das Sujet schnell seinen Weg in die bildliche Darstellung. Für den Verlag von Friedrich Campe (1777–1846) zeichneten unter anderem der Nördlinger Johann Michael Voltz (1784–1858) und der Leipziger Christian Gottfried Heinrich Geißler (1770–1844). Ihre Blätter waren beliebt, wurden vielfach nachgedruckt und in Alben gesammelt. Alle Themen kamen vor: die neue Mode der Kindererziehung, der alte Militarismus, die beginnende Bürokratisierung, Suchtmittel als gemütliche Ersatzbefriedigung. Die Ausstellung kombiniert biedermeierliches Mobiliar (und dessen Idealort: die Puppenstube) mit dem grafischen Aufbruch in die Bilderwelt des befreienden Lachens und präsentiert über 200 Einzelblätter aus der Privatsammlung Dieter Antes sowie weitere Leihgaben aus dem Wilhelm Busch – Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst, Hannover.
24. Mar 2018 - 00:00
Lichtentaler Allee 8
Baden-Baden
76530
Deutschland

Aktueller Termin von "Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts"

GEDIEGENER SPOTT. Bilder aus Krähwinkel.

24. Mar 2018 - 00:00 – 02. Sep 2018 - 00:00
Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts

Ab 24. März 2018 zeigt das Museum LA8 in Baden-Baden die Ausstellung „GEDIEGENER SPOTT. Bilder aus Krähwinkel“. Das Biedermeier in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestand nicht nur aus behaglichen Möbeln, Hausmusik und unpolitischer Privatheit. In den bürgerlichen Wohnstuben wurde manchmal laut und frech gelacht, und zwar über die lustigen Grafiken, die das absurde Treiben der anständigen Bürger in Krähwinkel zeigten. Die beliebten Drucke sprengten gewohnte Redewendungen auf, indem sie diese allzu direkt in Bilder übersetzten. Kunstmaler, die auf der Suche nach Inspiration durch die Landschaft streifen, malen dann etwa hingebungsvoll lange Streifen in die Landschaft. Als altehrwürdige Sprichwörter nicht mehr Ordnung und Sinnzusammenhang gewährleisteten, bekam die geschlossene Idylle einen Knacks und öffnete sich für die Bildbetrachter durch ihr eigenes verblüfftes Lachen. Aus der Mitte der braven, gemütlichen Biedermeier-Welt entsprang eine anarchistische Komik, eine infantile Unterbietungsstrategie. Diesen scheinbar kindischen Humor in Bildern konnten Obrigkeit und Zensur kaum so effizient unterdrücken wie die politische Dichtung des Vormärz.

Der Name Krähwinkel für eine fiktive Kleinstadt, das Zuhause kleinbürgerlicher Beschränktheit irgendwo in der deutschen Provinz, taucht erstmals bei Jean Paul (1763–1825) auf. August von Kotzebue (1761–1819) bringt in sein Lustspiel »Die deutschen Kleinstädter« deutliche Gesellschaftskritik ein. Aus der Literatur – auch Heinrich Heine widmet sich den Krähwinklern – findet das Sujet schnell seinen Weg in die bildliche Darstellung. Für den Verlag von Friedrich Campe (1777–1846) zeichneten unter anderem der Nördlinger Johann Michael Voltz (1784–1858) und der Leipziger Christian Gottfried Heinrich Geißler (1770–1844). Ihre Blätter waren beliebt, wurden vielfach nachgedruckt und in Alben gesammelt. Alle Themen kamen vor: die neue Mode der Kindererziehung, der alte Militarismus, die beginnende Bürokratisierung, Suchtmittel als gemütliche Ersatzbefriedigung.

Die Ausstellung kombiniert biedermeierliches Mobiliar (und dessen Idealort: die Puppenstube) mit dem grafischen Aufbruch in die Bilderwelt des befreienden Lachens und präsentiert über 200 Einzelblätter aus der Privatsammlung Dieter Antes sowie weitere Leihgaben aus dem Wilhelm Busch – Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst, Hannover.

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