In einer Zeit, in der gesellschaftliche Institutionen unter zunehmender Kritik stehen, offenbart eine aktuelle, bevölkerungsrepräsentative Studie des Instituts für Museumsforschung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz das überraschende Ergebnis: Museen genießen in Deutschland das höchste Vertrauen aller öffentlichen Einrichtungen.
Neutralität schafft Vertrauen
Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung ist, dass das hohe Vertrauen in Museen wesentlich auf ihrer Wahrnehmung als neutrale und unparteiische Orte beruht. Befragte, die Museen als neutral einstufen, vertrauten diesen deutlich stärker als solche, die diese Neutralität nicht anerkennen. Dieses „verborgene Sozialkapital“ macht Museen zu zentralen Akteuren im gesellschaftlichen Zusammenhalt.
„Im Zeitalter zunehmender Polarisierung und drängender gesellschaftlicher Fragen ist das Museum einer der Orte, der Verlässlichkeit bietet. Doch dieses Vertrauen bringt auch Verantwortung mit sich: Museen können und sollten Position beziehen – allerdings in dem Bewusstsein, dass gerade ihre Wahrnehmung als neutrale Instanzen Grundlage für dieses Vertrauen ist.“
— Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Vertrauen jenseits der Besucherinnen und Besucher
Bemerkenswert ist, dass selbst „Nie-Besucher“ Museen einen Vertrauensvorschuss gewähren. Gleichzeitig steigt das Vertrauen mit jeder zusätzlichen Begegnung vor Ort: Wer häufiger ins Museum geht, gibt auch höhere Vertrauenswerte an – eine Korrelation, die bei anderen Institutionen nicht beobachtet wurde.
Wer besucht unsere Museen? Ein Blick auf die Zahlen
Erstmals seit 2013 liefert die Studie Daten zur Besuchshäufigkeit in deutschen Museen:
- 5,3 % der Befragten haben im vergangenen Jahr kein einziges Museum betreten.
- 6,0 % gingen mindestens einmal pro Quartal ins Museum.
- 35,1 % besuchten im letzten Jahr mindestens einmal ein Museum.
- 47,7 % liegen mit ihrem letzten Museumsbesuch länger als ein Jahr zurück.
Diese Zahlen zeigen sowohl Potenzial für Museumsbesuche als auch die Chance, durch gezielte Vermittlungsarbeit neues Publikum zu gewinnen.
Gesellschaftspolitische Bedeutung

Patricia Rahemipour, Direktorin des Instituts für Museumsforschung, betont:
„Unzählige Studien zum Vertrauen in demokratische Institutionen dominieren derzeit die Debatten. Dabei wurde das Vertrauen in Museen bisher nie breit untersucht. Diese Lücke schließen wir jetzt und unterstreichen die Rolle der Museen als tragende Säulen des gesellschaftlichen Zusammenhalts.“
Ihre Ko-Autorin Kathrin Grotz ergänzt, dass der Vergleich mit anderen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Akteuren zeige, wie bedeutend das „verborgene Kapital“ der Museen für die gemeinsame Urteilsbildung und das Miteinander ist.
Ausblick: Vertrauen als Auftrag
Die Studie macht deutlich: Museen sind nicht nur Orte der Wissensvermittlung, sondern Vertrauensstifter in einer Gesellschaft im Wandel. Sie tragen die Verantwortung, diesen Vertrauensvorschuss durch Offenheit, Neutralität und engagierte Vermittlungsarbeit zu festigen. Das verborgene Sozialkapital der Museen zu heben, bedeutet, das kulturelle Erbe als kraftvolle Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu nutzen.
Quelle:
https://www.preussischer-kulturbesitz.de/pressemitteilung/artikel/2024/04/19/deutschlandweite-studie-museen-geniessen-hoechstes-vertrauen.html
https://zenodo.org/doi/10.5281/zenodo.10952041