
Metamorphosen – Die Verwandlung als künstlerisches Prinzip im Rijksmuseum
Die Verwandlung (Methamorphose) ist eines der ältesten und zugleich faszinierendsten Motive der menschlichen Vorstellungskraft. Kein antiker Text hat diese Idee so eindrucksvoll und nachhaltig geprägt wie Ovids Metamorphosen. Der römische Dichter schuf ein epochenübergreifendes Werk, das die Natur des Wandels – von Göttern, Menschen, Tieren und Dingen – poetisch und erzählerisch einfängt. Die Ausstellung Metamorphoses, eine Kooperation des Rijksmuseums in Amsterdam und der Galleria Borghese in Rom, widmet sich nun dieser unerschöpflichen Inspirationsquelle. Mit über 80 Meisterwerken aus internationalen Sammlungen stellt sie exemplarisch dar, wie Künstler von der Renaissance bis zur Gegenwart Ovids Erzählungen interpretierten und weiterentwickelten.
Inhaltliche Schwerpunkte: Transformation und Mythos
Die Ausstellung spannt einen weiten Bogen von der frühen Neuzeit bis zur Moderne und dokumentiert die universelle Faszination für Ovids Geschichten. Herausragende Werke wie Tizians Danaë, Correggios Jupiter und Io, Caravaggios Narziss oder Rodins Pygmalion und Galatea illustrieren die Vielfalt und Tiefe der künstlerischen Auseinandersetzung mit Themen wie Liebe, Täuschung, Gewalt und göttlicher Macht. Neben Malerei und Skulptur treten selten gezeigte Arbeiten aus Keramik, Edelmetall und zeitgenössische Medien in einen dialogischen Kontext – ein bewusster Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne.
Besonders hervorzuheben ist die Gegenüberstellung von Cellinis berühmter Bronzestatue Perseus mit dem Haupt der Medusa und ihrem weniger bekannten Vorläufer, einer lebensgroßen Bronze von Hubert Gerhardt. Diese direkte Konfrontation zweier epochaler Werke verdeutlicht eindrucksvoll den Wandel künstlerischer Techniken und Stilrichtungen.
Kuratorisches Konzept und Inszenierung
Das kuratorische Konzept von Metamorphoses ist klar strukturiert und zugleich narrativ anspruchsvoll. Die Ausstellung folgt keiner rein chronologischen Ordnung, sondern entwickelt thematische Schwerpunkte, die den Besucher durch die verschiedenen Wandlungsprozesse führen: von göttlichen Eingriffen bis hin zu menschlichen Schicksalen. Die Inszenierung, gestaltet vom renommierten Designer Aldo Bakker, setzt auf reduzierte Eleganz und lässt die Werke in einem atmosphärischen Umfeld wirken. Farbige Akzente und gezielt eingesetzte Lichtführung unterstreichen die Dramaturgie der präsentierten Mythologien.
Leihgaben und Ikonen der Kunstgeschichte
Die Liste der ausgestellten Werke liest sich wie ein Who’s Who der Kunstgeschichte. Neben Tizians berühmter Danaë, die einst für König Philipp II. von Spanien geschaffen wurde, gehören Correggios Gemälde aus der Mantuaner Sammlung und Tintorettos Minerva und Arachne zu den spektakulärsten Leihgaben. Auch Giuseppe Arcimboldos groteske Porträts und Giusto le Courts barocke Allegorie Invidia setzen eindrucksvolle Akzente. Zeitgenössische Positionen wie Juul Kraijers SPAWN oder Ulays Fotografie S’he erweitern den Blick auf Ovids Stoffe in die Gegenwart.
Einordnung: Die Metamorphosen als künstlerischer Meilenstein
Ovids Metamorphosen waren nicht nur in der Renaissance eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration; sie gelten bis heute als literarischer Meilenstein, der Künstler aller Epochen beeinflusst hat. Die Ausstellung zeigt eindringlich, wie die Erzählungen von Chaos, Schöpfung und Transformation als universelle Themen zeitlos bleiben. Gerade in einer heutigen Welt, die von Umbrüchen und Veränderungen geprägt ist, wirkt Ovids Botschaft „Alles wandelt sich, nichts vergeht“ aktueller denn je.
Das Rijksmuseum: Architektur und Profil
Das Rijksmuseum in Amsterdam, eines der bedeutendsten Kunstmuseen Europas, bietet mit seiner prächtigen neogotischen Architektur von Pierre Cuypers den idealen Rahmen für eine solche Ausstellung. Berühmt für seine Sammlung niederländischer Meister wie Rembrandt und Vermeer, öffnet sich das Museum immer wieder internationalen Kooperationen wie dieser. Die Partnerschaft mit der Galleria Borghese, selbst ein Hort barocker Meisterwerke, bereichert das Profil des Hauses um eine transnationale Perspektive.

Galleria Borghese, Rome.
Fazit: Ein Erlebnis für Kunst- und Literaturbegeisterte
Metamorphoses ist keine bloße Aneinanderreihung von Meisterwerken, sondern eine dramaturgisch durchdachte und visuell beeindruckende Inszenierung, die Ovids Erzählungen in ihrer ganzen Bandbreite erfahrbar macht. Die Ausstellung überzeugt durch ihre außergewöhnliche Leihgabenpolitik, die kluge Verknüpfung von Tradition und Moderne sowie durch ihre thematische Relevanz für die Gegenwart. Ein Besuch ist nicht nur ein ästhetischer Genuss, sondern auch eine Einladung, über die transformierende Kraft der Kunst nachzudenken.
Praktische Informationen für den Besuch
- Ort: Amsterdam
- Ausstellungszeitraum: 6. Februar bis zum 25. Mai 2026
- Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag, Feiertag 9 – 17 Uhr
Quelle: Weitere Informationen: Rijksmuseum – Metamorphoses



