Station: [10] Heilung und Zerstreuung


Ach, Wilhelm, sei doch ein Schatz! Den Pokal da, ja, den großen, den möchte ich haben! Ja, den mit dem gelben Überfangglas. Ist der nicht herrlich? Ein wunderbares Souvenir! Kann doch ruhig jeder sehen, dass wir zur Kur in Bad Kreuznach waren. Oh, der ist ja sogar aus böhmischem Kristall, und unser Hotel „Zum goldenen Adler“ ist auch darauf zu sehen. Da werden unsere Freunde in Berlin aber Augen machen!

Jaja, ganz bestimmt. Jetzt nimm deinen Pokal, und weiter geht’s. Nach der langen Zugfahrt  muss ich mir erst einmal die Beine vertreten.

Wir hatten ja noch Glück, mein lieber Wilhelm! Die Freifrau von Gagern hat mir erzählt, dass man bis zum Juli 1858 noch mit der Kutsche fahren musste. Da fuhr die Bahn nur bis Bingen, und den restlichen Weg musste man in der Kutsche fahren. Na, zum Glück wurde jetzt die Rhein-Nahe-Eisenbahn eröffnet. Das macht doch vieles einfacher.

Lass uns mal Richtung Elisabeth-Quelle gehen. Ich glaube, dort ist mächtig was los. Der Reiseführer schreibt: „Am Ende des Badewörths – so nennt man die Kurinsel – liegt der Kurgarten, an dessen äußerer Spitze die Elisabeth-Quelle. Hier ist der Sammelplatz aller Fremden in den Morgenstunden und am Abend und mit dem Trinkbecher in der Hand durchwandelt man die freundliche Anlage, an schönen freundlichen Tagen herrscht da ein buntes Leben! In den Morgenstunden und meistens auch am Abend spielt ein Musikkorps.“

Ich habe gelesen, Clara Schumann sei in der Stadt. Och, Wilhelm, wollen wir uns da Karten besorgen?! Die Schumann wollte ich ja schon immer mal hören. Und später gehen wir noch zu den Cauers ins Atelier. Die haben sich doch vor einiger Zeit vergrößert und sind in die Rheingrafenstraße gezogen. Das muss man gesehen haben: halb Werkstatt, halb Museum. Man kann auch an Ort und Stelle einkaufen. Die Skulpturen sollen Marmor täuschend ähnlich sehen. Vielleicht finden wir eine kleinere Skulptur, vielleicht eine Wasserschöpferin für unseren Brunnen im Salon … 

Alle Abbildungen : © Schloßparkmuseum Kreuznach