Station: [2] Vom Hammerwerk zur Textilindustrie


Also, Männer, noch ein letztes Mal. Dann ist hier im Hammerwerk Schluss. Ende, aus! Alles vorbei.

Was für eine Schande! Eine jahrhundertealte Tradition – einfach so zu Ende. Seit mindestens 1303 wird hier in Wehr schon Eisen hergestellt. Und das soll jetzt vorbei sein? Ich mag das nicht glauben.

Ich verstehe es auch nicht. Vor allem, weil unser Eisen doch immer von allerbester Qualität

war! Was haben wir nicht alles geschmiedet …

Hämmer, Zangen und Sägen ...

Waffen, Helme, ja komplette Rüstungen.

Alles von höchster Qualität, ja. Aber dafür wollen die Leute ja nicht mehr bezahlen.

Dieser Engländer, dieser Henry Bessemer, der ist an allem schuld. Hätte der nicht dieses Verfahren entwickelt, mit dem man Stahl günstig in Massenproduktion herstellen kann …

Seien wir ehrlich. Es läuft schon eine Weile nicht mehr rund bei uns. Wir bekommen kaum noch gutes Erz – und auch das Holz wird knapp. Für einen Zentner verkaufsfähiges Eisen bräuchten wir die 20-fache Menge an Holz. Puh!

Erinnerst du dich noch, wie überall in den Wäldern ringsum die Kohlenmeiler rauchten? Mit Eselskarawanen wurde die Holzkohle hinunter ins Tal geschafft. Aber seit die Eisenbahn in Betrieb genommen wurde ... Jetzt kommen Steinkohle und Stahl plötzlich aus dem Ruhrgebiet oder aus Lothringen. Da können die kleinen Werke am Hochrhein nicht mithalten.

Aber sag mal, weiß man schon, wie es mit unserem Eisenhammer weitergeht? Was soll aus dem Gebäude werden?

Am 19. Oktober 1863 soll es an einen Schweizer Fabrikanten verkauft werden. Franz Anton Baumgartner. Der will hier eine Weberei einrichten.

Eine Weberei? Das heißt, anstatt Eisen werden hier in Zukunft Stoffe hergestellt?!

Die Lage sei perfekt, meinte er. Denn die Textilindustrie brauche für ihre Maschinen Wasserkraft. Und die haben wir ja hier.

Ja, was hätten wir bloß ohne unser Mühlrad gemacht? Die „Daumen“ des Mühlrads haben den „Schwanz“ des Eisenhammers hinuntergedrückt – und dadurch hat er sich vorne gehoben. Und rumms … den Rest hat dann die Schwerkraft besorgt. Und auch den Blasebalg für das Feuer haben wir mithilfe des Wasserrads aufgepumpt und zusammengepresst. Also gut! Lassen wir ein letztes Mal den Hammer schlagen.

Alle Abbildungen: © BRENNET Textilmuseum