Station: [16] Trachten auf Föhr


M: In vielen Gegenden sind sie untergegangen und vergessen. Nicht auf Föhr!

F: Die Föhrer Trachten werden ohne Unterbrechung und bis heute getragen. In der heute bekannten Form haben sie sich Ende des
18. Jahrhunderts aus einer älteren, ganz anderen Trachtenform entwickelt, von der es nur noch bildliche Überlieferungen gibt.

Die Föhrer Männer trugen keine Tracht. Sie fuhren damals zur See und kleideten sich im Gegensatz zu ihren Frauen immer nach der aktuellen Mode, so wie sie es in den großen Hafenstädten auf dem Festland sahen.

M: Im Alltag wird die Tracht schon seit den 1970er Jahren nicht mehr getragen. Aber in der Mitte der Vitrine sehen sie die zwei noch heute gebräuchlichen Trachten: die Festtagstracht mit weißer Schürze und aufwändigem Brustschmuck sowie die Sonntagstracht mit dem über der Brust gekreuzten Schultertuch. Sie werden zu besonderen Anlässen getragen. Noch heute lassen sich z. B. so gut wie
alle Mädchen auf Föhr in der Festtagstracht konfirmieren.

F: Am linken Rand sehen Sie eine zweihundert Jahre alte Festtagstracht, die eine Wykerin 1824 zu ihrer Verlobung getragen hat.
Diese Tracht unterscheidet sich in Schnitt, Stoffen und Farben von den heutigen Formen. Das Kopftuch beispielsweise ist nicht –
wie in späteren Zeiten – durch eine Pappeinlage erhöht, die Silberknöpfe sind nur einseitig angeordnet. Trachten sind also kein über Jahrhunderte gleichbleibender Kleidungsstil, sondern wandeln sich ebenfalls mit der Mode. In der Gestaltung der Tracht konnten die Frauen also zeigen, ob sie mit der Mode gingen oder dem alten Kleidungsstil verhaftet waren.

M: Nehmen Sie nun die beiden Figuren auf der rechten Seite in Augenschein.

Die Frau mit dem schlichten Rock und der blauen Bluse trägt die alltägliche Kleidung, die man im 19. Jahrhundert zur Feldarbeit anlegte. Das Kopftuch wurde so gebunden, dass durch einen Spalt nur noch die Augenpartie sichtbar bleib – als Schutz vor der Sonne. In jener Zeit gab es bereits Tourismus auf der Insel. Die feinen Damen aus der Stadt flanierten mit ihren Sonnenschirmen über den Sandwall und erhielten sich so ihre vornehme Blässe. Braunsein war gleichbedeutend mit Bäuerlichkeit. Die Föhrerinnen nahmen das neue Schönheitsideal auf und verhüllten sich ihre Gesichter.

F: Ganz rechts sehen Sie eine Trauertracht aus der St. Johannis Gemeinde in Nieblum. Diejenigen Frauen, die eng mit der oder dem Verstorbenen verbunden waren, trugen auf der Beerdigung die Surregkap – einen schwarz gefältelten Plisseeumhang. Sie verbargen ihre Gesichter unter diesem Umhang und liefen hinter dem Sarg her. Nach der Beerdigung wurde der Umhang um einen Stock gewickelt und bis zum nächsten Anlass weggestellt. Die Falten der Surregkap wurden mit der Hand gelegt und bei Hitze im Backofen fixiert. Die Surregkap ist Ende des 19. Jahrhunderts zum letzten Mal getragen worden.

Fotos: © Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum