Die Retrospektive „Hans Arp. Der Nabel der Avantgarde“ ist einem der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts gewidmet. Als Mitbegründer des Dadaismus, als Wegbereiter des Surrealismus und als radikale Künstlerfigur war er maßgeblich an der Entwicklung der modernen abstrakten Kunst beteiligt. Die große Schau im Berliner Georg Kolbe Museum ermöglicht eine Neuentdeckung des Künstlers und zeichnet mit einer Fülle von Plastiken, Reliefs, Grafiken, Fotografien, Gedichten und Texten das Werk des poetischen und politischen Künstlers nach. Der deutsch-französische Künstler Hans Arp (1886−1966), der sich außerhalb des deutschen Sprachraumes Jean Arp nannte, zählt zu den wichtigen Protagonisten der europäischen Avantgarde. Der künstlerische Ansatz Arps, der die Kunst mit dem Leben zu vereinen strebte, spiegelte sich in seiner aktiven Rolle als Mitbegründer prägender Netzwerke wider. In unterschiedlichen Zusammenschlüssen suchten viele Avantgardisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach neuen Wegen im künstlerischen Ausdruck und fanden diese in der radikalen Formensprache der Abstraktion mit vollkommen neuen Denkansätzen. Dabei waren die in zahlreichen Manifesten vertretenen Auffassungen oftmals höchst unterschiedlich und stark ideologisch geprägt. Hans Arp, der sich seine Autonomie stets bewahrte und nur seinen eigenen Grundsätzen folgte, wurde jedoch von verschiedensten, teilweise gegensätzlichen Gruppen akzeptiert. So war er eine Schlüsselfigur einiger wegweisender Strömungen der Avantgarde, deren Tendenzen er in seinem einzigartigen Werk vereinte. Neben seiner tragenden Rolle im Dadaismus und seinen guten Verbindungen zu den Surrealisten war er zentrales Mitglied der Vereinigung „Abstraction-Création“, der neben ihm zahlreiche internationale Avantgardisten wie Piet Mondrian, Wassily Kandinsky und Max Bill angehörten. Hans Arp entwickelte eine neuartige und abstrakte Formensprache, deren fließende Linien organisch wirkten, ohne eine Anbindung an den Naturalismus zu haben. Kunst verstand er als einen schöpferischen Prozess, der parallel zur Natur entsteht. Arp machte sich Wachstumsprozesse der Natur und deren Gesetzmäßigkeiten zu Eigen, nicht um abzubilden, sondern um selbst zu bilden; Natur und Kunst sah er als eigenständige, aber verbundene Teile einer Einheit. Wie er selbst sagte, betrachtete er „das ganze Universum als Kunst“. Den Kern seines eigenen künstlerischen Universums sah Arp im Symbol des Nabels, den er sowohl als den Ursprung der bildnerischen Form deutete, wie auch als Zeichen für die Bindung des Menschen an den natürlichen Kreislauf der Natur. Bereits Mitte der 1910er-Jahre fand Arp eine Urform der Kunst im Oval und der Nabel spielte fortan in seinen Werken eine unersetzliche Rolle. Mit der für ihn charakteristischen Formensprache nimmt er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Sonderstellung ein, die bis in das 21. Jahrhundert wirkt. Biomorphe Ansätze haben sich in der zeitgenössischen Kunst zu einem Schwerpunktthema entwickelt. Die fortschreitende Technisierung unseres Alltags, die Folgen der Umweltzerstörung sowie neue Erkenntnisse über biologische Zusammenhänge von Wachstumsprozessen lassen die Denk- und Werkentwürfe von Hans Arp in einem neuen Licht erscheinen.   1886 wurde Hans Arp in Straßburg als Sohn eines deutschen Zigarettenfabrikanten und einer Elsässerin geboren. Als Dichter, Maler und Bildhauer war er sowohl in der deutschen wie in der französischen Kultur zuhause und von früh auf überzeugter Pazifist und politischer Künstler. Als Exilant rief er 1916 während des Ersten Weltkrieges in Zürich unter anderem mit dem Schriftsteller Hugo Ball den Dadaismus aus und lernte hier seine spätere Frau, die Künstlerin Sophie Taeuber-Arp kennen, mit der er intensiv zusammenarbeitete (sie starb 1943). Er bildete ab 1919 zusammen mit den Malern Max Ernst und Johannes Theobald Baargeld die Kölner Dada-Gruppe. In den frühen 1920er-Jahren wandte er sich dem abstrakten Surrealismus zu (er lebte ab 1926 als französischer Staatsbürger in Meudon-Clamart bei Paris) und war Teil wichtiger avantgardistischer Vereinigungen und Netzwerke abstrakter Künstler. Er stand in engem Kontakt mit Avantgardisten wie Kurt Schwitters oder Theo van Doesburg und veröffentlichte 1925 zusammen mit El Lissitzky den berühmten Band „Die Kunstismen“, eine Bestandsaufnahme der diversen simultanen Strömungen der Avantgarde zwischen 1914 und 1924, die den Versuch unternahm, die aktuellsten Entwicklungen in der Kunst zu publizieren. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Frankreich lebte Hans Arp 1940 zunächst im noch nicht besetzten Grasse/Südfrankreich und emigrierte von dort 1942 in die Schweiz. Nach dem Krieg lebte er, der mittlerweile äußerst erfolgreich geworden war, in Meudon-Clamart und in Locarno. Arp verstarb 1966 an einem Herzinfarkt in Basel und wurde in Locarno bestattet. Trotz der unbestrittenen Wirkmächtigkeit des Werks von Hans Arp wurde dieses in den letzten Jahren auffallend wenig gezeigt. Dies hängt auch mit der öffentlich geführten Debatte um posthume Güsse seiner Skulpturen zusammen, bei dem sein Œuvre zum Exempel für die grundsätzliche Problematik einer Verbindung von Bildhauerei und ökonomischen Interessen wurde. Es ist vor diesem Hintergrund kein leichtes, aber unbedingt notwendiges Unterfangen, die innovative Kraft des Werks des bedeutenden Bildhauers nicht aus den Augen zu verlieren und Hans Arp mit dieser umfassenden Ausstellung seiner Kunst im Berliner Georg Kolbe Museum zu würdigen. Begleitend zur Ausstellung: „Hans Arp. Der Nabel der Avantgarde“ erscheint ein umfangreicher Katalog, der aktuelle Beiträge von Astrid von Asten, Jan Giebel, Arie Hartog, Maike Steinkamp und Julia Wallner zu Hans Arp versammelt. Dieser enthält auch eine transparente Dokumentation zur jeweiligen Provenienz der ausgestellten Arbeiten. Zudem findet im Rahmen der Ausstellung eine von der Stiftung Arp e.V. in Kooperation mit dem Georg Kolbe Museum und der American Academy in Berlin organisierte Tagung mit dem Titel „Hans Arp und die USA“ statt. Die angekündigte Sanierungsphase des Georg Kolbe Museums beginnt nach dem Ende der Ausstellung. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e.V., Rolandswerth/Berlin und mit Unterstützung des Arp Museums Bahnhof Rolandseck, Remagen. Sie wird durch den Hauptstadtkulturfonds ermöglicht.
28. Jun 2015 - 11:00
Sensburger Allee 25
Berlin
14055
Deutschland

Aktueller Termin von "Georg Kolbe Museum"

Hans Arp. Der Nabel der Avantgarde

28. Jun 2015 - 11:00 – 11. Oct 2015 - 18:00
Georg Kolbe Museum

Die Retrospektive „Hans Arp. Der Nabel der Avantgarde“ ist einem der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts gewidmet. Als Mitbegründer des Dadaismus, als Wegbereiter des Surrealismus und als radikale Künstlerfigur war er maßgeblich an der Entwicklung der modernen abstrakten Kunst beteiligt. Die große Schau im Berliner Georg Kolbe Museum ermöglicht eine Neuentdeckung des Künstlers und zeichnet mit einer Fülle von Plastiken, Reliefs, Grafiken, Fotografien, Gedichten und Texten das Werk des poetischen und politischen Künstlers nach.

Der deutsch-französische Künstler Hans Arp (1886−1966), der sich außerhalb des deutschen Sprachraumes Jean Arp nannte, zählt zu den wichtigen Protagonisten der europäischen Avantgarde. Der künstlerische Ansatz Arps, der die Kunst mit dem Leben zu vereinen strebte, spiegelte sich in seiner aktiven Rolle als Mitbegründer prägender Netzwerke wider. In unterschiedlichen Zusammenschlüssen suchten viele Avantgardisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach neuen Wegen im künstlerischen Ausdruck und fanden diese in der radikalen Formensprache der Abstraktion mit vollkommen neuen Denkansätzen. Dabei waren die in zahlreichen Manifesten vertretenen Auffassungen oftmals höchst unterschiedlich und stark ideologisch geprägt. Hans Arp, der sich seine Autonomie stets bewahrte und nur seinen eigenen Grundsätzen folgte, wurde jedoch von verschiedensten, teilweise gegensätzlichen Gruppen akzeptiert. So war er eine Schlüsselfigur einiger wegweisender Strömungen der Avantgarde, deren Tendenzen er in seinem einzigartigen Werk vereinte. Neben seiner tragenden Rolle im Dadaismus und seinen guten Verbindungen zu den Surrealisten war er zentrales Mitglied der Vereinigung „Abstraction-Création“, der neben ihm zahlreiche internationale Avantgardisten wie Piet Mondrian, Wassily Kandinsky und Max Bill angehörten.

Hans Arp entwickelte eine neuartige und abstrakte Formensprache, deren fließende Linien organisch wirkten, ohne eine Anbindung an den Naturalismus zu haben. Kunst verstand er als einen schöpferischen Prozess, der parallel zur Natur entsteht. Arp machte sich Wachstumsprozesse der Natur und deren Gesetzmäßigkeiten zu Eigen, nicht um abzubilden, sondern um selbst zu bilden; Natur und Kunst sah er als eigenständige, aber verbundene Teile einer Einheit. Wie er selbst sagte, betrachtete er „das ganze Universum als Kunst“. Den Kern seines eigenen künstlerischen Universums sah Arp im Symbol des Nabels, den er sowohl als den Ursprung der bildnerischen Form deutete, wie auch als Zeichen für die Bindung des Menschen an den natürlichen Kreislauf der Natur. Bereits Mitte der 1910er-Jahre fand Arp eine Urform der Kunst im Oval und der Nabel spielte fortan in seinen Werken eine unersetzliche Rolle. Mit der für ihn charakteristischen Formensprache nimmt er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Sonderstellung ein, die bis in das 21. Jahrhundert wirkt. Biomorphe Ansätze haben sich in der zeitgenössischen Kunst zu einem Schwerpunktthema entwickelt. Die fortschreitende Technisierung unseres Alltags, die Folgen der Umweltzerstörung sowie neue Erkenntnisse über biologische Zusammenhänge von Wachstumsprozessen lassen die Denk- und Werkentwürfe von Hans Arp in einem neuen Licht erscheinen.

 

1886 wurde Hans Arp in Straßburg als Sohn eines deutschen Zigarettenfabrikanten und einer Elsässerin geboren. Als Dichter, Maler und Bildhauer war er sowohl in der deutschen wie in der französischen Kultur zuhause und von früh auf überzeugter Pazifist und politischer Künstler. Als Exilant rief er 1916 während des Ersten Weltkrieges in Zürich unter anderem mit dem Schriftsteller Hugo Ball den Dadaismus aus und lernte hier seine spätere Frau, die Künstlerin Sophie Taeuber-Arp kennen, mit der er intensiv zusammenarbeitete (sie starb 1943). Er bildete ab 1919 zusammen mit den Malern Max Ernst und Johannes Theobald Baargeld die Kölner Dada-Gruppe. In den frühen 1920er-Jahren wandte er sich dem abstrakten Surrealismus zu (er lebte ab 1926 als französischer Staatsbürger in Meudon-Clamart bei Paris) und war Teil wichtiger avantgardistischer Vereinigungen und Netzwerke abstrakter Künstler. Er stand in engem Kontakt mit Avantgardisten wie Kurt Schwitters oder Theo van Doesburg und veröffentlichte 1925 zusammen mit El Lissitzky den berühmten Band „Die Kunstismen“, eine Bestandsaufnahme der diversen simultanen Strömungen der Avantgarde zwischen 1914 und 1924, die den Versuch unternahm, die aktuellsten Entwicklungen in der Kunst zu publizieren. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Frankreich lebte Hans Arp 1940 zunächst im noch nicht besetzten Grasse/Südfrankreich und emigrierte von dort 1942 in die Schweiz. Nach dem Krieg lebte er, der mittlerweile äußerst erfolgreich geworden war, in Meudon-Clamart und in Locarno. Arp verstarb 1966 an einem Herzinfarkt in Basel und wurde in Locarno bestattet.

Trotz der unbestrittenen Wirkmächtigkeit des Werks von Hans Arp wurde dieses in den letzten Jahren auffallend wenig gezeigt. Dies hängt auch mit der öffentlich geführten Debatte um posthume Güsse seiner Skulpturen zusammen, bei dem sein Œuvre zum Exempel für die grundsätzliche Problematik einer Verbindung von Bildhauerei und ökonomischen Interessen wurde. Es ist vor diesem Hintergrund kein leichtes, aber unbedingt notwendiges Unterfangen, die innovative Kraft des Werks des bedeutenden Bildhauers nicht aus den Augen zu verlieren und Hans Arp mit dieser umfassenden Ausstellung seiner Kunst im Berliner Georg Kolbe Museum zu würdigen.

Begleitend zur Ausstellung: „Hans Arp. Der Nabel der Avantgarde“ erscheint ein umfangreicher Katalog, der aktuelle Beiträge von Astrid von Asten, Jan Giebel, Arie Hartog, Maike Steinkamp und Julia Wallner zu Hans Arp versammelt. Dieser enthält auch eine transparente Dokumentation zur jeweiligen Provenienz der ausgestellten Arbeiten. Zudem findet im Rahmen der Ausstellung eine von der Stiftung Arp e.V. in Kooperation mit dem Georg Kolbe Museum und der American Academy in Berlin organisierte Tagung mit dem Titel „Hans Arp und die USA“ statt. Die angekündigte Sanierungsphase des Georg Kolbe Museums beginnt nach dem Ende der Ausstellung.

Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e.V., Rolandswerth/Berlin und mit Unterstützung des Arp Museums Bahnhof Rolandseck, Remagen. Sie wird durch den Hauptstadtkulturfonds ermöglicht.

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