Station: [15] Die Kinderwagenverordnung


Polizist:

Junge Frau, junge Frau! So geht das nicht!

Junge Mutter:

Herr Wachtmeister! Wie belieben?

Polizist:

Junge Frau, Sie müssen sich schon an die Straßenverkehrsregeln halten!

Junge Mutter:

Aber…

Polizist:

Haben Sie nicht die Kinderwagenverordnung vom 25. Juli 1900 gelesen? Darin heißt es:

Das Fahren mit Kinderwagen […] auf den entlang der nicht mit Steinpflaster versehenen Straßen ist verboten. Ausnahmen: Schnee- und Regenwetter, Straßenarbeiten, Gefahr für Leib und Leben der zu befördernden Person und: Nutzung der Wege aufgrund ärztlicher Anordnung. In diesem Falle sind Sie allerdings verpflichtet, einen behördlichen Erlaubnisschein mitzuführen und bei Verlangen vorzuzeigen.“

Haben Sie einen?

Junge Mutter:

Aber Herr Wachtmeister! Warum soll ich denn einen Erlaubnisschein haben? Ich will doch nur meinen Wilhelm vom Bahnhof abholen… mit unserem kleinen Erwin, Sie verstehen?

Und in dieser immer größeren Stadt, gibt es eben auch immer mehr Verkehr. Und dann gibt es eben manchmal Gedrängel.

Polizist:

Ja, und für diese Fälle hat der Rat der Stadt Riesa die Kinderwagenverordnung vom 25. Juli 1900 aufgesetzt. In einer expandierenden Stadt muss eben auch so etwas geregelt sein. Im Sinne des auskömmlichen Miteinanders.

Junge Mutter:

Gut, aber zum Bahnhof kann ich nunmal nur hier entlang. Und Pferdebahn kann ich auch nicht benutzen. Dafür ist der Kinderwagen viel zu groß und klobig.

Polizist:

Dann muss Ihr Wilhelm eben allein vom Bahnhof nach Hause kommen. Dafür gibt es ja neuerdings unsere schöne Pferdebahn. Und – unter uns gesagt – dann ist er auch viel schneller zu Hause, als wenn er neben Ihnen und Ihrem kleinen Erwin herlaufen muss.

Junge Mutter:

Na, Herr Wachtmeister. Da wäre ich mir aber gar nicht so sicher, mit der Schnelligkeit. Sie kennen doch das Lied über unsere Pferdebahn, oder?

Polizist:

Ein Lied?

Junge Mutter:

„In Riesa ist's gemütlich, da gibt's ne Pferdebahn,
das eine Pferd das zieht nicht, das andere das ist lahm.
Der Kutscher der ist bucklig, die Räder die sind krumm,
und alle fünf Minuten da kippt die Karre um.“

Polizist:

Unerhört! Ein Spottgesang über unsere schöne Pferdebahn!

Die Pferdebahn verbindet unser schönes Riesa mit dem etwas abseitig gelegenen Bahnhof und sorgt dementsprechend für Mobilität und Lebensqualität. Damit trägt sie erheblich zur Attraktivität unserer schönen Stadt bei und befördert das Bevölkerungswachstum, das in den letzten Jahren einen gehörigen Schub erfahren hat.

Junge Mutter:

So ist es, so ist es, Herr Wachtmeister. Dann werde ich mal weitergehen. Auf Wiedersehen, Herr Wachtmeister.

Polizist:

Auf Wiedersehen, junge Dame. Und, ähm, Achtung: die Pferdeäpfel auf der Straße…