Station: [15] Kolonialwaren Morlock – Eppingens früher Supermarkt


„Darf´s sonst noch etwas sein?“ „Ja, ein wenig Öl, bitte. Eine Flasche habe ich dabei!“ „Gerne“, sagt Frau Morlock, öffnet den kleinen Hahn und zapft einen halben Liter in die Flasche. „Sternchen brauche ich auch noch!“, sagt Frau Immel. „Könnten Sie mir bitte das Glas hier halb vollmachen?“ „Selbstverständlich“, antwortet Katharina Morlock und holt die Suppennudeln aus den Schütten im Regal. „Nächste Woche ist schon wieder Großherzogs Geburtstag. Wie die Zeit fliegt, gell, Frau Immel?“. „Gut, dass Sie es sagen, Frau Morlock. Da backe ich dem Gustav doch immer einen Gugelhupf. Können Sie mir bitte noch je ein halbes Pfund Mehl und Sago abwiegen.“ „Sehr gerne, Frau Immel. Ich fülle es Ihnen hier in die Papiertüte.“

So mag es wohl im Vorläufer des „Supermarkts“ Eppingens um 1900 geklungen haben. Im Kolonial-, Kurz- und Seilerwarenladen von Katharina Morlock.
Hier gab es praktisch alles, was man für den Alltag benötigte. Für damalige Verhältnisse ein regelrechtes Schlaraffenland. Vor allem exotische Güter aus den Kolonien waren sehr begehrt. Deutsch-Südwest war damals förmlich „in aller Munde“.
Und dies alles erfüllte den Verkaufsraum mit einem ganz eigenen Duft.

Egal ob Nudeln, offenes Sauerkraut, Aprikosen, Bonbons, allerlei Kurzwaren, Zigarren, Schnüre, Gewürze, Seife und Vieles mehr – Katharina Morlock konnte fast immer helfen.

Im Gegensatz zu heute war man zur damaligen Zeit regionalen Missernten hilflos ausgeliefert. Was nicht geerntet werden konnte, konnte auch nicht angeboten und verkauft werden. Eine Hungersnot drohte. So einfach war das.

Auch Umverpackungen aus Plastik, die uns heute wegen der Umweltverschmutzung große Sorgen bereiten, gab es nicht. 
Das meiste wurde in von den Kunden mitgebrachte Behältnisse oder in kleine Papiertüten abgefüllt. Zigarren jedoch bildeten eine Ausnahme: Sie gingen in einer Zigarrenkiste über den Ladentisch und die besaß einen doppelten Nutzen. Man konnte die Kiste als Behältnis zum Sammeln kleinerer Gegenstände nutzen oder in kalten Wintern auch zum Anheizen.

Aber auch für die Kinder, die mit leuchtenden Augen und einem Einkaufszettel in der Hand zu Frau Morlock kamen, stellte der Laden ein wahres Paradies dar. Jeder Einkauf für die Eltern wurde von Frau Morlock mit einem Griff in das große Glas mit den bunten „Gutsele“ [Bonbons] belohnt. 

Bis in die 50er Jahre verkauften Morlocks ihre Waren auf diese Weise. Schließlich mussten auch sie der fortschreitenden Entwicklung mit neuen, immer größeren Supermärkten weichen.

Viele Eppinger erinnern sich heute noch gerne an den unerreichten Charme des damaligen Kaufladens.

Alle Abbildungen: © Stadt- und Fachwerkmuseum Eppingen