Station: [8] Die Olgahöhle


Er gräbt und gräbt, rund fünf Monate lang, immer sonntags. Das hat ihm der Stiefvater  zugestanden. Den Rest der Woche muss er jedoch wie gewohnt im Steinbruch  schuften. Aber das nimmt Johann Ziegler gerne in Kauf, immerhin verfolgt er ein  tollkühnes Unternehmen.  

Unter den Füßen des jungen Mannes befindet sich ein Hohlraum. Im Oktober 1884 hat  ihn Ziegler bei Steinbrucharbeiten entdeckt. Ginge es nach dem Stiefvater, dann würde  der Hohlraum abgegraben. Doch Johann Ziegler hat eine bessere Idee: Er will eine  Schauhöhle daraus machen! Dem Stiefvater gefällt das wenig. Doch er gibt nach – vor  allem deshalb, weil der Junge damit droht, sich zwölf Jahre beim Militär zu verpflichten. 

Am Pfingstsonntag des Jahres 1885 ist es soweit, die Olgahöhle wird für Besucher geöffnet. Der württembergische Staatsanzeiger schreibt von „einem naturhistorischen Unikum von größter Sehenswürdigkeit". Die Besucher sind  begeistert von den bizarren Gesteinsformen aus Tuffstein. 

So richtig faszinierend wird die Höhle rund zehn Jahre später: Dann müssen die  Besucher nämlich nicht mehr bei Kerzenschein durch die Gänge wandeln. Elektrisches  Licht erleuchtet die Höhle! In Städten wie Reutlingen, Stuttgart oder Paris sitzt man da  noch im Dunkeln. 

Geologisch ist die Olgahöhle deshalb interessant, weil sie nicht zu Karsthöhlen gehört. Das bedeutet, sie ist nicht etwa durch  Kalkauslösungen entstanden. So wie die meisten Höhlen auf der Schwäbischen Alb.  

Stattdessen entstand die Olgahöhle durch Kalkablagerungen. Man spricht auch von  einer Primärhöhle, da sie während der letzten Eiszeit mit dem umgebenden Gestein  gewachsen ist. Also erst vor mehreren Tausend Jahren. 

Und das kam so: An der Kante eines Wasserfalls der Echaz setzte sich Kalktuff ab,  wodurch sich ein balkonartiger Vorsprung bildete. Unten am Wasserfall türmte sich  gleichzeitig ein sogenannter Kalkriegel auf. Beide wuchsen im Laufe der Zeit immer weiter an – und schließlich zusammen. Ein Hohlraum entstand. Dieser Prozess  wiederholte sich noch mehrere Male. 

Charakteristisch für die Olgahöhle sind die Kalotten aus Blaualgentuff, auch  Blumenkohl-Sinter genannt. Während der Höhlenentstehung reicherten sich die  Blaualgen mit Kalk an und versteinerten. Heute ist der Tuffstein ein begehrter Baustoff.  In Honau bestehen fast alle Gebäude daraus. Und auch beim Bau von Schloss  Lichtenstein fand der Tuffstein Verwendung.

Alle Abbildungen: © Wilhelm-Hauff-Museum