Station: [7] Max Ernst


Ein seltsames Wesen mit aufgerissenem Mund und empor gestreckten Armen starrt hier mit seinen kreisrunden Augen den Besucher an.

Die Bronzeskulptur hat der Künstler Max Ernst in den 1960er Jahren geschaffen.

Betrachtet man die Figur genauer, erkennt man die Fundstücke, aus denen sie zusammengesetzt ist.

Die langen Arme stammen von dem Gestänge eines Ochsenjochs. Als Körper dient eine Holzbohle. An die Bohle hat Max Ernst die Halterung einer Eisenbahnschiene montiert, die das Gesicht der Figur bildet.

Doch auch die Entschlüsselung der einzelnen Fundstücke gibt keinen Aufschluss über die Bedeutung dieser Gestalt.

Max Ernst verarbeitet Gerätschaften aus dem alltäglichen Leben, lässt sich von ihren Formen und ihrer Beschaffenheit leiten und fügt die Gegenstände neu zusammen. Dabei schöpft er allein aus seiner eigenen Vorstellungswelt. Der Traum, die Phantasie und eigene Kindheitserinnerungen sind wesentliche Werkzeuge seines künstlerischen Schaffens.

Max Ernst war Mitbegründer der Surrealisten, die sich in Paris in den 1920er Jahren zusammengeschlossen hatten. Ihr Anliegen: Gegen die bürgerliche Gesellschaft aufzubegehren und der rationalen Ordnung das Irrationale, das Intuitive und Widersprüchliche entgegenzusetzen. Max Ernst beschreibt die Haltung so:

„Was wir suchten in der Zeit, war nicht eine Darstellung der Wirklichkeit, nicht eine Interpretation der Wirklichkeit, sondern ein Erlebnis, ein Abenteuer, das zwischen uns und der Wirklichkeit lag."

In seinen Bildern und Skulpturen erschafft Max Ernst eine Welt voller phantastischer Daseinsformen, deren poetische Magie in dem Nichteindeutigen liegt. Auch der Titel der Skulptur gibt Rätsel auf:

Un microbe vu à travers un tempérament, Eine Mikrobe durch ein Temperament gesehen, ist ein Wortspiel, das auf einem Zitat des Schriftstellers Emile Zola beruht: bei Zola heißt es Ein Kunstwerk ist ein Winkel der Schöpfung, durch ein Temperament gesehen.

Die Welt der Mikrobe ist für das menschliche Auge nicht sichtbar. Wir blicken hier durch das phantastische Mikroskop des Künstlers, in die poetische Wirklichkeit der Surrealisten.

Max Ernst hat 1976 als zweiter Preisträger den Kaiserring erhalten.

 

Foto 1,2: © Mönchehaus Museum Goslar

Foto 3: © Portrait Max Ernst mit „Microbe“: Foto: Karlheinz Bauer