Station: [2] Die Familie von Bissingen


M: „Lebt wohl ihr kummerlosen Tage, ihr sorgenfreien Vergnügungen meiner frühen Jugend! Als Mann redlich meine Pflicht zu thun, sei von nun an mein einziges Ziel und Freude!“

F: Wer uns hier so kummervoll sein Leid klagt, ist der 20-jährige Cajetan Graf von Bissingen und Nippenburg. Die Zukunftsaussichten des jungen Grafen sind nicht besonders rosig. Schwer lastet die Verantwortung auf ihm: Der Vater hat ihn schon früh zum Oberhaupt einer weitverzweigten Familie gemacht. Und man hat zwar Besitzungen in Ungarn und Schramberg, doch die sind allesamt hoch verschuldet, teilweise kurz vor dem Konkurs. Über die Herrschaft Schramberg schreibt Graf Cajetan: 

M: „Ich habe Schramberg nie gekannt und doch kommt mir alles so heimisch vor. (…) alles herrlich, aber gegenwärtig traurig und Enzenberg [mein Schwager] hat leider Recht, wenn er behauptet: würde man einen Preis bestimmen für die beßte Art eine schöne Herrschaft zu Grunde zu richten, man hätte ihn um Schramberg verdient, (…).“

F: Der junge Graf steht zu dieser Zeit im Dienst des Österreichischen Kaisers. Er arbeitet zunächst als Referendar am Stadt- und Landgericht in Innsbruck. Etliche Jahre später wird er zum Statthalter von Tirol und Vorarlberg ernannt und schließlich zum Gouverneur der Provinz Venedig. Zuerst aber lernt Graf Cajetan 1832 Marie Louise von Warsberg kennen. Eine Begegnung, die nicht nur sein Leben verändern sollte, sondern auch die Zukunft Schrambergs. Denn …

M: „Meiner Louise machte die Möglichkeit, daß ich Schramberg übernehme, eine große Freude!“

F: Die Brautwerbung verläuft zunächst schleppend, ein Ehevertrag muss mühevoll ausgehandelt werden, der Bräutigam in spe soll zunächst über seine Vermögensverhältnisse „befriedigend“ Auskunft geben. Am 8. August 1834 läuten aber doch noch die Hochzeitsglocken: 

M: „(…) Meine Louise war so schön; sie war ergriffen, aber dennoch sprach sie das: ja mit Bestimmtheit (…) Ich fühle mich so glücklich. (…)“.

F: Sieben Wochen nach der Hochzeit unterschreiben Cajetan und sein Bruder Ernst einen folgenschweren Familienvertrag. Dieser sieht vor, dass die beiden ihre Güter tauschen. Ernst bekommt die Besitzungen in Ungarn, Cajetan unter anderem die Herrschaft in Schramberg. 


M: „Noch ein kindlicher Dank, guter Gott! Für all das Gute was du mir dieß Jahr schenktest. Nach vielen Stürmen verbandest Du mich mit meiner guten, guten Frau, (…) – Du ordnetest in diesem Jahre unsere Familien-Verhältniße, so dass wir in Württemberg und Ungarn ruhiger der Zukunft entgegensehen können.“ 

F: Mit Frau und Kindern will Graf Cajetan nach Schramberg ziehen. Doch es gibt ein kleines Problem: Das alte Barockschloss wurde bei einem Hochwasser schwer beschädigt. Die Einquartierung des Militärs während der napoleonischen Kriege hatte ebenfalls Spuren hinterlassen. Seit 1820 war das alte Schloss zudem an eine Steingutfabrik und an eine Zichorienkaffeefabrik vermietet. 

M: Ein unhaltbarer Zustand. 

F: 
Um für seine Familie ein standesgemäßes Zuhause zu schaffen, veranlasst der Graf ab 1840 den Neubau des Schlosses im spätklassizistischen Stil. 

M: Und wenn sie nicht gestorben sind, …

F: … dann kann man ihre Porträts heute noch im Stadtmuseum bewundern. 

 

Foto: © Stadtmuseum Schramberg