Station: [36] Leseecke mit Kirchturmkugeln und Tischdestillationsgerät


Hach! Haben Sie mich erschreckt! Da sind Sie ja wieder. Ich war doch gerade ganz vertieft in die umfangreiche Literatur, die hier in der Leseecke ausliegt:

„Das Dach und sein Handwerk“, „Bauten, Dächer, Handwerker“, „Der praktische Klempner“ oder das „große Handbuch für Installateure und Klempner“ und mehr als 20 Jahrgänge der Fachzeitschrift „Baumetall“.

Wer nach unserem Rundgang durch das Museum noch eine Frage offenhat, der findet hier die Antwort – ganz sicher! 

Und wer sich mit diesem abenteuerlichen Gerät von Kupferschmiedemeister Adrian auskennt, dem wird die Zeit hier sicher nicht lang. Das kleine Kunstwerk ist ein voll funktionstüchtiges Destilleriegerät… quasi für den Hausgebrauch. 

Schauen Sie…

Das Gerät links, das aussieht wie eine Acht, besteht aus dem Kolben oder der Brennblase – unten – und dem Helm – oben – in dem der aufsteigende Dampf aufgefangen wird. Unter der Brennblase säße normalerweise ein kleiner Spiritusbrenner. In die Brennblase kommt die vergorene Maische, die erhitzt wird, bis der Alkohol verdampft. Über den Helm und das Geistrohr gelangt der Dampf in den Kühler, wird dort abgekühlt. Dann läuft die Flüssigkeit rechts unten in den Becher. Und fertig ist das Schnäpschen!

Aber… wenn man davon zu viel getrunken hat, kommt man leicht auf dumme Gedanken. Haben Sie die Kugeln gesehen, die hier über der Leseecke hängen? Die zierten früher in luftigen Höhen Kirchtürme, Verwaltungsgebäude oder andere Paläste. Und sie sind selbstverständlich beste Klempner-Handarbeit. Oft enthielten sie auch ein paar Schätze: Geldmünzen oder kurze Berichte wurden in der Kugel verschlossen und hingen dann viele Jahrhunderte hoch über den Köpfen der Menschen. Ärgerlich war es nur, wenn marodierende Banden oder reguläre Soldaten – mit oder ohne Alkoholeinwirkung – auf die Idee kamen, von unten ihre Schießkünste zu erproben und auf die Kirchturmkugeln zielten. An einigen der Kugeln sehen Sie bis heute die Einschusslöcher. 

Das ist wahrlich kein respektvoller Umgang mit der Arbeit anderer Leute!

 

Alle Abbildungen: © Europäisches Klempner- und Kupferschmiedemuseum, Foto: Klaus Hofmann