Station: [2] Die Schlafstube


Gustav Gockel: Archivarius Alfred, ich verstehe das nicht. 

Archivarius Alfred: Was versteht du denn nicht, Gustav Gockel? 

Gustav Gockel: Ich verstehe nicht, warum dieses Bett so kurz ist. Das ist doch kein Bett für Kinder! Da haben doch Erwachsene drin geschlafen. Waren die Menschen früher so klein? 

Archivarius Alfred: Weißt du, Gustav, die Menschen waren früher ziemlich abergläubisch. Und deshalb haben sie sich zum Schlafen auch nicht hingelegt, sondern sie haben halbsitzend geschlafen. 

Gustav Gockel: Das stell ich mir ganz schön unbequem vor. 

Archivarius Alfred: Das war es auch. Aber die Leute glaubten früher, wenn sie im Sitzen schlafen, dann müssen sie nicht sterben. Dann ginge der Tod an ihnen vorbei. Hätten sie sich hingelegt, wäre es anders gewesen. Klingt für uns heute ziemlich komisch. Aber die Menschen früher glaubten daran.   

Gustav Gockel: Dabei fällt mir gerade ein: Wir Hühner schlafen ja auch im Sitzen. Wir machen schön die Augen zu und stecken den Kopf unter den Flügel. Och … jetzt so ein Schläfchen.

Archivarius Alfred: Hallo!? Im Museum wird doch nicht geschlafen! 

Gustav Gockel: Naaa, gut. Dann musst mir aber etwas Spannendes erzählen.  

Archivarius Alfred: Du kennst doch bestimmt das Sprichwort „vorne hui, hinten pfui“? Das hat etwas mit dem großen Holzschrank da in der Ecke zu tun. Früher war das nämlich so: Wenn Frauen heirateten, mussten sie eine Aussteuer mitbringen. Dazu gehörten unter anderem Bettlaken, Tischtücher, allerlei Zeugs für die Küche und natürlich auch Geld. 
Je größer die Aussteuer, desto besser! Das zeigte nämlich, dass die Braut wohlhabend war. Und natürlich heiratete man lieber eine reiche Frau, als eine arme. Deshalb wurde bei der Aussteuer ganz schön getrickst. Man schob beispielsweise Bettlaken und die anderen Stoffe im Schrank ganz nach vorne, so dass es nach möglichst viel aussah. Der hintere Teil aber blieb leer. Vorne hui, hinten pfui.  

Fotos: © Jürgen Bahnmayer