Station: [2] Johannes Calvin und die Reformation in Frankreich


Betrachten Sie das rechteckige Ölgemälde in der Vitrine. Mit ernstem Ausdruck, müde und ausgezehrt, ist hier der Kirchenreformator Johannes Calvin porträtiert. Das Bild stellt dar, was Zeitzeugen über ihn berichten:
Es heißt, Calvin war ein sittenstrenger Geist, asketisch in seiner ganzen Erscheinung. Mit einem rigiden Pflichtbewusstsein und höchster Arbeitsmoral strebte er nach der Erkenntnis Gottes und damit nach Selbsterkenntnis.
Wer also war der einflussreiche Kirchenreformator?
Johannes Calvin wurde 1509 in Frankreich geboren. Er wuchs als gläubiger Katholik auf und studierte die Rechtswissenschaft. Schon in seinen frühen 20er Jahren befasste er sich mit der Lehre des deutschen Reformators Martin Luther. 
Auch Calvin wünschte sich eine Reformation und Neuordnung der Kirche. Heiligenverehrung, Reliquienkult, das Papsttum und der lasterhafte Lebenswandel vieler Kirchendiener stießen ihn ab. Bereits mit 25 Jahren löste sich Calvin von der römisch-katholischen Kirche um zum reinen biblischen Glauben zurück zu kehren.
Er schreibt:
Zunächst war ich dem Aberglauben des Papsttums so hartnäckig erlegen, dass es nicht leicht war, mich aus diesem tiefen Sumpf herauszuziehen. Darum hat Gott mein trotz meiner Jugend schon recht starres Herz durch eine unerwartete Bekehrung zur Gelehrsamkeit gebracht. Die Ehrfurcht vor der Kirche hatte mich lange davon abgehalten, mich von ihr zu trennen und zuzugeben, dass ich mein ganzes bisheriges Leben in Irrtum und Unwissenheit zugebracht hatte.
In Frankreich galten solche Reden als Ketzerei und wurden vom französischen Königshaus gnadenlos verfolgt. Den Anhängern der Reformation drohte Strafe, Gefängnis und der Tod als Ketzer. Trotzdem gab es bereits Mitte des 16. Jahrhunderts mehr als 2000 reformierte Gemeinden. 
Um nicht den Märtyrertod zu sterben, floh Johannes Calvin zunächst in das protestantische Basel und später nach Genf. Im Exil verfasste er mit gerade mal Mitte 20 sein Hauptwerk, „die Institutio“, die „Unterweisung in der christlichen Religion“.
In diesem Werk fordert er die Rückkehr der Kirche zum biblischen Ursprung. Die Menschen sollten nach einem strengen Sittengesetzt leben, so wie es in der Bibel in den 10 Geboten geschrieben steht.
Außerdem verlangte er eine Neustrukturierung der Kirchenämter, um die Gemeinde zu stärken und dem Machtmissbrauch ein Ende zu bereiten. In Genf gelang es Calvin, auch mit Hilfe der Unterstützung der dort im Exil lebenden Hugenotten, seine Ideen durchzusetzen.
Die evangelisch-reformierten Kirchen bilden heutzutage weltweit eine der großen christlichen Konfessionen in reformatorischer Tradition, die von Mitteleuropa ihren Ausgang nahmen. Sie gehen vor allem auf das Wirken von Ulrich Zwingli in Zürich und Johannes Calvin in Genf im Zuge der Reformation zurück.

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