Station: [8] Die gute Stube


Ist denn heute Sonntag!? Oder warum darf man hier plötzlich in die gute Stube. 

Der Name verrät es schon: Die gute Stube war kein Raum, den man im Alltag nutzte. Die gute Stube wurde nur an Sonntagen geöffnet – und zu besonderen Anlässen, wie beispielsweise Weihnachten. Dann wurde in dieser Stube auch der Weihnachtsbaum aufgestellt.

Sehen Sie die beiden Fotografien in der hinteren linken Ecke. Die große Fotografie zeigt Dr. Aloys Schmitz. Er war der erste bedeutende Mediziner am Ort – und sorgte dafür, dass in Waldniel die ersten Krankenzimmer eingerichtet wurden. Was Aloys Schmitz aber vor allem Kopfzerbrechen bereitete, waren die hygienischen Zustände. Bis in die 20er Jahre hinein gab es in Waldniel keine Kanalisation – und auch keine Frischwasserversorgung. Die meisten Familien hatten zwar einen eigenen Brunnen, der stand aber oft direkt neben der Außentoilette. Den Rest können Sie sich ja denken.

In der Fotografie daneben sehen Sie den sogenannten Kräuter-Martin. Er war genau das Gegenteil eines Arztes. Die Menschen kamen zum Kräuter-Martin, wenn sie Zahnschmerzen, Krämpfe oder Bauchweh hatten. Er verabreichte ihnen dann einen Tee oder eine Salbe, murmelte etwas vor sich hin – und manchmal half es und manchmal half es auch … nicht. Auf der Rückseite der Fotografie wird er als „Sympatöer“ beschrieben, als ein „Heilpraktiker mit Gebeten“.

An der Wand neben der Eingangstür sehen Sie ein liebevoll restauriertes Harmonium. Dabei handelt es sich um ein Tasteninstrument, das gewisse Ähnlichkeiten mit der Orgel aufweist. Direkt daneben hängt ein Erbkaufbrief aus dem Jahr 1606. Es ist das älteste Dokument hier in der Heimatstube. In der Urkunde ist zu lesen, dass ein gewisser Johann von Bocholtz 20 Morgen Land aus seinem Brocker Lehen verkaufen will, um seine Schulden tilgen zu können.

Die Herren von Bocholtz hatten in der Nähe von Waldniel ihren Herrensitz. Wobei Herrensitz vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen ist. Es handelte sich um ein größeres landwirtschaftliches Anwesen. In der Gegend war es nur als „et Hus“ bekannt, als „das Haus“. Zu diesem Haus gehörte auch die Hauser Mühle, die Sie in einer der Fotografien sehen können.

Alle Abbildungen: © Heimatstube Waldniel