Station: [11] Der Normal-Segelapparat von 1894


War der Derwitz-Apparat das erste Flugzeug der Welt, so gilt der drei Jahr später entwickelte „Normal-Segelapparat“ als erster in Serie gebauter Flugzeugtyp. 1894 erhält Lilienthal ein Patent auf diesen Eindecker – das Patent zum „Freifliegen des Menschen“. Er geht sofort in die Produktion und hofft, seine weiteren Flugversuche über den Verkauf der Flugzeuge finanzieren zu können.

Außerdem hofft Lilienthal, eine breite Flugsportbewegung ins Leben zu rufen, denn an Enthusiasten mangelt es nicht. Er verkauft mehrere dieser Normal-Segelapparate nach ganz Europa und sogar in die USA. Die Konstruktion ist so beschaffen, dass die Flieger zusammenklappbar und dadurch leichter zu transportieren sind. Als Vorbild in der Natur hatten ihm hierbei die Flügel einer Fledermaus gedient.

Und auch er selbst ist mit seinem Flugzeug unterwegs: Unter der Woche testet er seine Apparate auf einem eigens aufgeschütteten Hügel in der Nähe seines Wohnhauses im Süden von Berlin. An den Wochenenden jedoch reist er von Berlin aus mit der Bahn Richtung Havelland – seinen Flieger im Gepäck. Hier, in Stölln, hat Lilienthal eine kleine Werkstatt für Reparaturen und zur Unterbringung der Apparate. So führt er seine Flugübungen aus und kann die Konstruktion der Apparate Stück für Stück verbessern.

1893 fliegt Lilienthal mit dem Normal-Segelapparat 250 Meter weit. Außerdem gelingt ihm in diesen Jahren der erste Kurvenflug: Er schafft es, in der Luft zu wenden und seinen Flieger zurück in Richtung Hang zu steuern. Begeistert berichtet er:

„Eine geringe Verlegung des Schwerpunkts nach einer Seite veranlasst sofort eine geringe Schrägstellung der Tragfläche, wobei der hebende Luftdruck sich ebenfalls nach dieser Seite neigt und die Flugrichtung seitlich abschwenkt. Es gibt nichts Einfacheres als die Lenkung von Flugmaschinen.“

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Zitat nach Nitsch, Die Flugzeuge von Otto Lilienthal, Otto-Lilienthal-Museum 2016, S. 63.

Alle Abbildungen: © Lilienthal-Centrum Stölln