Station: [9] Die Modellier- und Zeichenschule


Die Wiedenbrücker Schule war ein loser Zusammenschluss verschiedener Künstler und Bildhauer, die gemeinsam einen genau umrissenen Kunstmarkt bedienten – eine Art Künstlerkolonie. Wie in anderen Malerschulen oder Künstlervereinigungen weisen auch die Produkte der Wiedenbrücker Schule gemeinsame Merkmale oder einen wiedererkennbaren Stil auf. Mehr noch: Es sind regelrechte Gemeinschaftswerke, an denen die unterschiedlichsten Gewerke ihren Anteil hatten.

Doch wie sollten die Qualitätsstandards, die den exzellenten Ruf der Wiedenbrücker Schule ausmachten, an die folgenden Generationen weitergegeben werden? Der Lehrplan der Handwerkerfortbildungsschule ging den anspruchsvollen Wiedenbrücker Ausbildungsbetrieben nicht weit genug.

„Die größten Schwierigkeiten […] bestehen in der Gewinnung tüchtiger Lehrkräfte für den Zeichenunterricht – gerade dieser Zeichenunterricht ist aber für die Wiedenbrücker Schule von ganz besonderer Wichtigkeit.“

… beklagte bereits 1889 der örtliche Bürgermeister. Die Einrichtung einer Spezialschule, die die hochkomplexe Ausbildung leisten könne, ließ allerdings auf sich warten.

Erst Anfang 1908 wurden zwei Modellierklassen eingerichtet, die sich schnell zu einer eigenständigen Modellier- und Zeichenschule entwickelten. 1911 bezog die Schule sogar ihre eigenen Räume in der Straße „In der Halle“. Eine Zeichnung der Schule sehen Sie jetzt auf Ihrem Bildschirm.

Geleitet wurde diese „Schule der Wiedenbrücker Schule“ von dem Bildhauer, Modelleur und Maler Heinrich Püts. Er hatte in den Niederlanden, in Belgien und Deutschland Kunstgewerbeschulen und Kunstakademien besucht und brachte die theoretischen Fundamente mit, um den Unterricht zu gestalten.

Leider war der Schule kein langes Leben beschieden. Bereits nach einem Jahrzehnt, am Ende des Ersten Weltkriegs, stellte sie ihre Lehrtätigkeit ein. Wie dringend jedoch auch weiterhin gut ausgebildeter Nachwuchs gebraucht wurde, zeigt ein Gesuch, dass die Wiedenbrücker Werkstattmeister 1926 an den Bürgermeister richteten. Darin heißt es:

„Von Fachleuten ist der Besuch einer solchen Fachschule für die jungen Leute allseitig als notwendig anerkannt, damit sie eine Ergänzung der in der Werkstatt erworbenen praktischen Ausbildung in künstlerischer Hinsicht finden.“

Abbildung 1: Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum
Abbildung 2: Rolf Nagelmann, © Wiedenbrücker Schule Museum