Station: [12] Carl Fischer und Walter Gebauer


Carl Fischer und Walter Gebauer gelten als die beiden Größen der Bürgeler Keramik in der Zeit der DDR. Nach eigenen Ausdrucksformen suchend schufen beide eine beachtliche Bandbreite an künstlerisch hochwertigen Keramiken.

Carl Fischer wurde 1891 im mittelsächsischen Ostrau geboren, absolvierte ein Studium an der Königlichen Keramischen Fachschule in Bunzlau, Schlesien. Während seiner Wanderjahre wird Fischer in der Bürgeler Tonwarenfabrik von Max Neumann tätig und kommt zum ersten Mal mit der Keramik van de Veldes in Berührung. Nach dem Ersten Weltkrieg lässt er sich endgültig in Bürgel nieder und übernimmt 1919 die Tonwarenfabrik Eberstein/Hohenstein, die ebenfalls maßgeblich an der Umsetzung der van de Velde-Keramik beteiligt war. Fortan nennt sich die Töpferei Kunstkeramische Werkstätten Bürgel Carl Fischer. Die Produkte bestechen durch ihre Wandlungsfähigkeit. Stilübergreifend experimentiert Fischer mit Dekoren und Formen. Seine Werke schlagen die Brücke zwischen Jugendstil, Art déco und Neuer Sachlichkeit. Zunächst entwickelt er die Qualität der Laufglasuren weiter, um sich dann mit Mal- und Spritzdekoren zu beschäftigen, arbeitet dann mit unifarbenen Oberflächen, um schließlich mit Ritzdekoren und schlichter Engobemalerei den eigenen „Fischerstil“ innerhalb des Bürgeler Blau- aber auch Braun-weiß zu schaffen.

Seine Tochter Marieluise Fischer absolviert in den 40er Jahren eine Töpferlehre bei Otto Lindig und schließlich beim eigenen Vater, 1954 legt sie als erste weibliche Töpferin in Bürgel die Meisterprüfung ab. Fünf Jahre später gliedern sich Fischers Kunstkeramische Werkstätten in die Produktionsgenossenschaft ein. Mit dem Tod des Vaters übernimmt die Tochter die Leitung des weithin eigenständig arbeitenden Meisterbereichs. Marieluise Fischer hatte Blauweiß-Dekore fast immer im Produktsortiment gehabt. Aus ihrem Meisterbetrieb ist 1999 die GmbH „Echtbürgel“ hervorgegangen, die das legendäre Dekor fest auf dem Markt etabliert hat.

Walter Gebauer hingegen gelingt es, die DDR-Jahre hindurch selbständig zu bleiben. Gebauer stammt aus einer der etablierten Bürgeler Töpferfamilien und gründet 1934 zusammen mit seinem Vater Paul Gebauer die eigene Werkstatt.

Sein Experimentieren mit den schlichten, klassischen Formen und neuartigen Glasuren macht ihn zu einem der wichtigsten Keramiker der DDR. Er entwickelt neue Kristallglasuren, engagiert sich in der Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses und verfasst schließlich das Grundlagenlehrbuch für die Ausbildung von Töpfern und Keramikern: Das Sachbuch „Kunsthandwerkliche Keramik“.

Einer seiner Schüler beschreibt ihn später:

„In der Frage der Ausbildung, das Wissen weiterzugeben […], sowie in der Haltung, […] Keramik zu leben und zu verkörpern, war […] Walter Gebauer vorbildlich. […] bei Walter Gebauer habe ich zum ersten Mal erlebt, dass es keine Trennung zwischen Beruf und Privatleben geben muss. […] Er hat in seiner Werkstatt, in seinem Wohnhaus, in seinem Garten ‚Keramik gelebt‘.“

Sein Wissen und Können gab Gebauer nicht zuletzt an seine Tochter Christine Freigang weiter. Ihr keramisches Werk veränderte sich immer wieder. Im Laufe ihrer Karriere reduzierte sie die Bandbreite der Farben und Formen, um schließlich zu geklärten, schlichten Gefäßen in stimmigen Proportionen zu gelangen.

 

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Zitat zu Gebauer: Töpferspuren in Bürgel 4. Wolfgang Philler, Keramik, herausgegeben vom Förderkreis Keramik-Museum Bürgel und Dornburger Keramik-Werkstatt e.V., S. 18.