Station: [9] Das Fachwerk und der Zimmermann


„Die Eiche da hinten fällen wir noch. Dann haben wir 300 Stämme. Das müsste reichen.“
Seit Wochen arbeitet der Zimmermann Johannes Hecker im Eppinger Wald. Er baut das repräsentativste Haus im Herzen der Stadt. Nur die besten Stämme wählt er aus – die meisten davon sind Eichen, aber auch Buchen sind dabei. Er richtet sie vor Ort zu und beginnt mit dem Aufbau des Rohbaus auf dem Zimmerplatz vor der Stadt.

Johannes Hecker benötigt keinen Bauplan, er hat ihn im Kopf. Hans von Gemmingen, der Bauherr, hat jedes Detail des Hauses vielfach mit ihm besprochen. 
Auf seiner Walz hat Hecker die verschiedenen Fachwerkbauweisen kennen und bauen gelernt. Weit über 40 verschiedene Holzverbindungen beherrscht er. 
Balken für Balken fügt er kunstvoll zusammen. Seine Eckverbindungen, Verzapfungen und Überblattungen konstruiert er so sorgfältig, so dass alle Verbindungen die anfallenden Kräfte sicher und zuverlässig aufnehmen. Dieses Haus wird Jahrhunderte überdauern, da ist er sich sicher.

Jeder Balken wird mit Zeichen markiert, um das Gebäude später an Ort und Stelle in der Stadt aufbauen zu können. Wenige Wochen später transportieren Pferde-Fuhrwerke die Balken durch die Tore der Stadt auf den Bauplatz. Dort werden sie zusammengefügt, bis jedes Teil an seinem Platz und das Fachwerk aufgerichtet ist. Johannes Heckers Arbeit ist getan, wenn das Haus mit dem Richtspruch seinen Segen erhält – jetzt wird gefeiert.

Die vielen Stämme für das Haus haben ein Vermögen gekostet und auch der Zimmermann hat gutes Geld verdient. Was nun folgt, geschieht in Eigenleistung mit Hilfe von Freunden und Nachbarn. Die Materialien für das Schließen der Gefache gibt es fast umsonst. Die Helfer flechten grobe gewässerte Weidenruten in die offenen Zwischenräume, die Fächer, ein, und verschmieren sie mit einer Mischung aus Kuhmist, Pferdemist und Lehm. Darüber kommt ein feiner Lehmputz, der abschließend gekalkt wird, um die feinen Risse zu schließen. Nun ist das Haus vollendet.

So, oder so ähnlich hat es sich 1496 hier in Eppingen zugetragen – genau hier an dieser Stelle, an der wir uns heute befinden.

Sie sehen: Allein das Fachwerk von Eppingen ist eine Reise wert!

Alle Abbildungen: © Stadt- und Fachwerkmuseum Eppingen