Station: [5] Gemälde Wilhelm Wickertsheimer


Fräulein Hildegard, Fräulein Hildegard!

Herr Wickertsheimer! Haben Sie etwas vergessen?

Meinen Hut! Ich muss ihn irgendwo hier…

Ihren Hut?... Hier, am Kleiderständer, da hängt er. Hier, bitte, Herr Wickertsheimer.

Oh, besten Dank, mein liebes Kind. Gut, dass er wieder da ist. Ich will doch morgen hinaus in die Natur und wieder ein paar Skizzen unserer lieblichen Landschaft anfertigen, die ich dann, zurück im Atelier, in Öl arbeite. Aber den ganzen Tag in der Sonnenhitze ohne Hut? Hach, das wäre was geworden!

Skizzen wollen sie anfertigen? In der Natur?

Ja, genau, in der Natur. Oder „vor der Natur“, wie wir Maler das sagen. Denn nichts übt eine solche Wirkung auf mein empfindsames Gemüt aus wie die Natur unseres schönen, geliebten, heimatlichen Schwarzwalds!

Herr Wickertsheimer, Sie werden ja ganz romantisch!

Romantisch? Nun ja! Eher realistisch, naturalistisch und neu-sachlich. Denn das sind die Kunstströmungen, denen ich mich zutiefst verbunden fühle, junge Dame: dem Realismus, dem Naturalismus und der Neuen Sachlichkeit. Vincent van Gogh oder Paul Cézanne! Ganz große Künstler!

Cézanne? Van Gogh? Nie gehört.

Macht nichts, macht nichts.

Aber das hier, das dürfte Ihnen doch bekannt vorkommen?

Na klar! Das ist doch der Urteilsplatz. Mit dem Alten Rathaus. Und das Süße Löchle…

Das Süße Löchle ist leider nicht drauf, in dieser Perspektive. Es wäre dort, gleich rechts, wo die beiden Damen stehen, nur ein paar Schritte die Straße hinauf.

Ja, genau, jetzt erkenn ich es. Schön ist er, unser Urteilsplatz. Und das ehrwürdige Rathaus.

Aber nicht so schön, wie die heimische Natur! In die ich morgen in aller Frühe wieder aufbrechen werde. Mit Hut!

Mit Hut! Ein Glück, dass wir ihn gefunden haben! 

Na dann, viel Glück und Inspiration, Herr Wickertsheimer.

Danke, Fräulein Hildegard. Auf Wiedersehen und bis bald!

Bis bald, der Herr!

 

 

Foto: © Wagner Roland und Adelheid, Lahr