Station: [15] Die Umbauten Friedrich August Stülers


Deutlich setzt sich das spitzgiebelige Gebäude, das heute den Nordflügel der Abtei bildet, von den älteren Bauwerken ab. Es entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts, in einer Phase umfassender Bautätigkeit.

Kein Geringerer als der „Architekt des Königs“ Friedrich August Stüler, der Erbauer des Neuen Museum in Berlin, war von Friedrich Wilhelm IV. persönlich beauftragt, dem Damenstift architektonisch eine neue Funktion hinzuzufügen: Das Stift sollte eine Schule bekommen, in der die Töchter des preußischen Adels eine standesgemäße Erziehung erhielten. Dafür mussten Klassenzimmer und Schlafsäle geschaffen werden. Die Äbtissin, die damals in einem kleinen Haus etwas abseits wohnte, sollte wieder in die Abtei zurückziehen, von hier aus ihre Geschäfte führen… und sicherlich ein wachsames Auge auf die Kinder haben!

Dafür baute Stüler eine ihr eine würdige Wohnstatt im ersten Obergeschoss: mit Balkon und Wintergarten und einem privaten Zugang zur Kapitelstube im Erdgeschoss. Denn hier versammelten sich der Konvent und die Äbtissin regelmäßig in kleinem Kreis, um über die Geschicke von Stift und Mädchenschule zu beraten.

Und die Äbtissin Luise von Schierstedt hatte sicherlich viel zu besprechen! Sie unternahm eine grundlegende Reorganisation des Damenstifts: Unter ihrer Regentschaft wurden nicht nur die Mädchenschule, sondern auch ein Hospital und andere karitative Einrichtungen ins Leben gerufen.

Die romantisierende Szene, die Sie jetzt auf Ihrem Bildschirm sehen, veranschaulicht den neuen Geist, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Heiligengrabe Einzug hielt: Startete die Schule im ersten Jahr – 1847 – noch mit nur sieben bis acht Mädchen, so waren es um die Jahrhundertwende schon bis zu 120 Schülerinnen.

Ein Teil der Mädchenschlafräume grenzte übrigens an die Äbtissinnenwohnung an, ein anderer Teil lag im Dachgeschoss direkt darüber. Ob Luise von Schierstedt den Umzug in die Abtei vielleicht doch irgendwann bereut hat? Wir wissen es nicht.

Abbildung 1 © Giesbert Rode
Abbildung 2 © Klosterstift zum Heiligengrabe
Abbildung 3 © Klosterstift zum Heiligengrabe