Station: [4] Wasserwerkstatt


Junge: Pfui, hier stinkt's ja fürchterlich. Das ist ja kaum auszuhalten. Dagegen war das Rohhautlager ja 'ne Blumenwiese. 

Francke: Na, du wirst dich schon dran gewöhnen. In ganz Weida riecht man die Gerbereien. Aber die Wasserwerkstatt ist nicht ohne, das stimmt. Das kommt vor allem von der Äsche. Das erkläre ich später. Jetzt fangen wir erst mal mit der Weiche an. 

Junge: Und wo soll ich jetzt mit den Häuten hin?

Francke: Na in das Fass, alle 80 Hälften. Das ganze Fass ist eine große Waschtrommel. Und zum Glück läuft die mittlerweile elektrisch.  Früher lief die noch mit Dampf, da lob ich mir doch den Fortschritt. Die gute alte Zeit, davon träumt der Gerber nicht. Jede Maschine, die du in diesem Raum siehst, ist eine Erleichterung und ihr Geld wert. Ja wir Franckes haben schon ein gutes Geschäft gemacht, aber hart arbeiten, das muss man können. Und du stellst dich bis jetzt gut an, so einen wie dich, hätte ich als Lehrling haben sollen.  

Junge: Ach danke Herr Francke. Okay, dann also alle Häute in das Fass und mit dem Deckel gut verschließen. Und danach? Waschmittel dazu?
 
Francke: Nein, einfach nur Wasser. Das ist kostbar genug. Bei der Menge, die wir brauchen ist jeder Tropfen wichtig. Ist dir die Regenrinne aufgefallen, die quer durch den Grubenhof geht? Die leitet das Wasser von den Dächern direkt in eine Auffanggrube, 8.000 Liter passen da rein, und dazu haben wir noch zwei Tanks von alten Dampfloks, die speichern auch noch mal 8.000 Liter. Für die Gerberei gibt es nichts Besseres als Regenwasser, das ist schön weich und vor allem kostenlos. 

Junge: Und davon werden die Häute sauber?

Francke: Sauber und weich. 24 Stunden läuft das Fass, mal rechts rum, mal links rum, so wie ich den Schalter umlege. Den kann ich sogar von meiner Wohnung aus, von oben bedienen. Früher musste man dafür noch aufstehen und extra runter in die Werkstatt. 
Siehst du die Holzzapfen im Fass? Dadurch werden die Häute richtig gut durchgewalkt, wie ´ne Massage, nur dass die Kühe nichts mehr davon haben.
Und nach 24 Stunden sind die Häute nicht nur sauber, sondern auch wieder ganz weich, voll Wasser gesogen, genauso wie wir sie für die Weiterverarbeitung brauchen. 
Und all der Dreck, Blut, Salz und Kuhdung fließen mit dem Abwasser direkt vom Fass in die Grube darunter und dann weiter in die Kanalisation. 

Junge: Na darum stinkt es hier so. 

Francke: Nee stinken tut das nicht, das ist doch alles nur Natur, aber beim Äschern, ja da hast du recht, das ist Nichts für feine Nasen. Aber jetzt gibt es erst mal Essen. Wir wohnen direkt über dem Betrieb, und wie ich meine Frau kenne, hat sie auch an Dich gedacht.

Fotos:  © Martina Bosse