Station: [5] Die Weida


Weida-Stimme: hallo, na, guck doch mal, aber wo schaust du denn hin, ich bin hier, direkt vor dir, hier, hier. Du musst nur aus dem Fenster schauen, ja, genau ich bin es, die gute alte Weida. Da fließ ich dahin, seit Jahrhunderten, ach ja wie sich die Zeiten ändern, nicht mehr viel los heute. Früher hättest du mal hier sein sollen. Ein prächtiger Geberjunge neben dem anderen beim Häute waschen. Bei jedem Wetter. Das waren noch Zeiten.

Und dann erst, wenn ich im Strom ihnen die Felle weggerissen habe. Das war ein Spaß, da haben die geschimpft und der alte Meister erst. Ich sag ja, "pass auf, dass dir die Felle nicht wegschwimmen" irgendwo muss der kluge Spruch ja herkommen. Jetzt weißt du 's. 

Aber dann wurden sie schlauer und haben ihre Häute an den Ösen in der Wand fest gekettet. Wie langweilig. Und dann, soll ich dir mal sagen was dann passiert ist? Ausgehöhlt haben sie mich! Einen Graben betoniert mitten in mein Flussbett! Der Typ, der dazu die Idee hatte, hieß LÖSCHER. Also seitdem gibt´s den Löschergraben. Damit die Gerber immer genug Wasser haben, Sommer wie Winter. Hatten wohl Angst, dass ich austrockne. 

Damals - ich erinnere mich noch genau, auch der alte Francke hat hier seine Häute gewaschen, also der erste, der Ur-Ur-Großvater, bis er sich dann das Walkfass leisten konnte, lass mich überlegen, das war so gegen 1870. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. 

Ja, ohne mein Wasser ging hier gar nichts! Und heute - kaum wird mal gegerbt, maulen die Leute, dass es stinkt. Na schön, mir soll es auch recht sein, dann fließe ich halt gemütlich weiter durchs schöne Thüringen mit meinem sauberen Wasser und freu mich schon auf die Weiße Elster und mit der plätschere ich dann bis nach Leipzig, aber das ist eine andere Geschichte.


Fotos:  © Martina Bosse