Station: [2] Palais Wunderlich: Fassade


Drei großzügige Geschosse und ein sieben Meter hoher Dachboden: Das Stadtpalais, das Carl Ludwig Wunderlich sich 1798 erbauen ließ, war das Statement eines selbstbewussten Bürgers: beruflich erfolgreich und zum Bürgermeister gewählt.

Im Erdgeschoss, im Keller und im Dachgeschoss lagerte der Kaufmann seine Waren. Im ersten und zweiten Obergeschoss befanden sich die Wohnbereiche: Zur Straße hinaus lagen die Repräsentationsräume, dahinter die Dielen und Küchen und zum Hof wahrscheinlich die Privat- und Schlafzimmer.

Das breite Tor in der Mittelachse stammt noch aus dieser Zeit um 1800: Mit seiner eleganten Gestaltung, seinen geschnitzten Girlanden, seiner Sonnen- und Blumensymbolik trägt es die Merkmale des „Empire“ – des unter Napoleon vorherrschenden klassizistischen Stils. Der Architekt, dessen Name nicht überliefert ist, stammte wahrscheinlich von jenseits des Rheins, denn sein Bauwerk folgt dem sogenannten „Straßburger Stil“.

An die französische Wohnarchitektur erinnern auch die gusseisernen Balustraden in den Fenstern, die von einer Armstütze aus Eichenholz abgeschlossen werden. Und auch der Balkon im ersten Geschoss, der sogenannten Beletage, stammt aus der ersten Bauphase. Sicher trat man auf ihn hinaus, um zu sehen und gesehen zu werden – bei militärischen Paraden beispielsweise. Bei solch festlichen Ereignissen zeigte man Flagge – der Fahnenmast in schwarz-weiß-rot, den Reichsfarben ab 1871, ist heute noch vorhanden. 

Ein Städtelexikon für Baden vom Beginn des 19. Jahrhunderts rühmt die Kaiserstraße und ihr großbürgerliches Flair mit diesen Worten:

„Die eigentliche Stadt ist nicht groß, sie hat aber durch die gegen Dinglingen hin angelegte Vorstadt eine beträchtliche Vergrößerung erhalten. Hier befinden sich die schön erbauten Lo(t)zbeckschen, Hugoischen, Tramplerischen, Wunderlichischen Häuser, mit ihren weitläuftigen Fabrikgebäuden und geschmackvollen Gartenanlagen.“

Schauen Sie auf Ihren Bildschirm: So sah es Anfang des 20. Jahrhunderts hier in der Kaiserstraße aus. Am rechten Bildrand thront stolz das Palais Wunderlich. 

Die gesamte Fassade war damals noch von dicken Farbschichten bedeckt, was zu echten Problemen bei der Trockenhaltung des Mauerwerks führte. Erst seit der Sanierung der letzten Jahre darf der Sandstein wieder sein sattes Rot erstrahlen lassen.

Mehr davon in der nächsten Station, die Ihnen das Sträßchen vorstellt, das rechts am Gebäude entlangführt: die Tiergartenmühlgasse.

Alle Abbildungen: © Palais Wunderlich