Station: [10] Das Olmützer Messbuch


Bislang haben Sie vor allem Fälschungen, Kopien und Reproduktionen, aber nur wenige Originale der wertvollen Cranach-Werke gesehen, doch hier in der Schatzkammer des Museums finden Sie Original-Grafiken von Lucas Cranach dem Älteren und dem Jüngeren. 

Hier wird auch das wertvollste Exponat der Stiftung aufbewahrt – das Olmützer Messbuch. Dieses seltene Messbuch, das den Ablauf einer Messe regelt, wurde für den Gebrauch der Diözese Olmütz in Mähren hergestellt. Es ist in Cranachs Wiener Zeit – zwischen 1501 und 1505 – entstanden, als er für den Buchdrucker Johannes Winterburger Holzschnitte anfertigte. 

Die prachtvolle Ausgabe aus dem Jahr 1505 ist in Leder gebunden. Über 288 Seiten sind zwanzig kleine und zwanzig große figürliche Holzschnittinitialen von Cranach verteilt. Sie gehören zu den ersten Holzschnitten des Künstlers. Ein halbseitiger Holzschnitt zeigt eine Scheibe zur Auffindung der Sonntagsbuchstaben, ein weiterer Holzschnitt die Kreuzigung Christi.

Die Seite mit der Tafel zur Auffindung des Sonntagsbuchstabens –, von Cranach mit einem prachtvollen Weißlinien-Holzschnitt dekoriert –, liegt aufgeschlagen in der Vitrine und hängt zur besseren Ansicht vergrößert an der Wand.

Mittelalterliche Kalender enthielten stets den sogenannten Sonntagsbuchstaben. Er gibt das Datum des ersten Sonntags eines Jahres an. Danach wurde eine Tabelle mit der Zuordnung der sieben Buchstaben A bis G zu den sieben Wochentagen erstellt. Im Jahr 1490 – Sie sehen es an der Tafel – fiel der Sonntag auf den 3. Tag im Jahr. Das Jahr hatte also den Sonntagsbuchstaben C. Man konnte im zugehörigen Kalender sofort ablesen, dass alle anderen, mit einem C markierten Tage des Jahres ebenfalls Sonntage waren.

Der zweite Kreis berücksichtigt die Schaltjahre. Der dritte Kreis dient der Bestimmung des Osterfestes. Der vierte innere Kreis nennt die Römer-Zinszahl, die sich in einem 15-jährigen Zyklus wiederholt. Es ist der Tag, an dem die Steuern fällig wurden.

 

Alle Abbildungen: © Dagmar Trüpschuch und Cranach Stiftung