Station: [14] Die Reichenberger Protokolle und das Geisterheer
Die Reichenberger Protokolle und das Geisterheer
Im Blickfeld dieses Pfeils liegt das Eberbacher Tal, dahinter Schloss Reichenberg, das den Grafen von Erbach gehörte.
Dort wurden von den Gräflich-Erbacher Amtmännern in den Jahren 1742 bis 1796 die berühmten Reichenberger Protokolle niedergeschrieben. Sie enthalten Zeugenaussagen von Bewohnern der Umgebung über Wahrnehmungen von geisterhaften Erscheinungen des Schnellertsherrn vom Schnellertsberg bei Ober-Kainsbach.
Dieser Landgeist – wie er auch genannt wurde – zieht bei Beginn von Kriegen vom Schnellerts zur Burgruine Rodenstein. Man hört lauten Lärm und Geräusche wie Fuhrwerke, Pferdegetrappel, Hundegebell und Kettengerassel. Wenn der Geisterspuk wieder zum Schnellertsberg zurückzieht, gibt es Frieden.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird neben dem Schnellertsherrn auch der Rodensteiner als Führer des Geisterheers oder „Wilden Heers“ genannt.
Diese Protokolle nahm man sehr ernst. Sie erregten in weitem Umkreis großes Aufsehen und wurden von den regierenden Fürsten und Herren als Orakel über bevorstehende kriegerische Handlungen angesehen.
Im 19. und 20. Jahrhundert sammelten Heinrich Zehfuß und Theodor Meisinger zahlreiche weitere Berichte aus der Bevölkerung über den Schnellertsherrn, den Rodensteiner, das Geisterheer und das „Wilde Heer.“ In der weit verbreiteten Sage setzte sich letztlich die Gestalt des geisterhaften Rodensteiners gegen den Schnellertsherrn durch.
Text: Karl-Heinz Mittenhuber, © Rodensteinmuseum
1) Szenenfoto aus „Bilderbogen aus Hessen: Geheimnisvolle Gestalten aus dem Odenwald“, mit freundlicher Erlaubnis vom Hessischer Rundfunk 2
2) „Das Wilde Heer von Burg Schnellerts.“ Illustration: © Albert Völkl, Trendelburg, mit freundlicher Erlaubnis