Station: [10] Wiederaufbau


Am 1. März 1952 übergibt Großbritannien Helgoland zurück an Deutschland. Damit können rund 2000 Helgoländerinnen und Helgoländer im Exil wieder hoffen, in ihre Heimat zurück zu kehren. Aber die Insel ist komplett zerstört und gleicht einer Kraterlandschaft, ohne jegliches ziviles Leben.

Das alte Helgoland war über Jahrhunderte langsam gewachsen. Kleine Fischerhäuschen wechselten sich mit Gründerzeitarchitektur ab. Mit einem Architekturwettbewerb suchte man den Weg zu einem bedingungslosen Neuanfang, aber der Charakter des alten Helgolands sollte sich auch in der Neubebauung finden. Vor allem das Wohnen in kleinen Einfamilienhäuern sollte gewährt werden.

122 Architekturbüros haben sich an diesem Wettbewerb beteiligt. Die Jury konnte sich nicht für einen Sieger entscheiden, aber einige Beiträge, unter anderem aus den Architekturbüros von Georg Wellhausen und Wolfram Vogel, liefern wichtige Entwürfe für die Neubebauung.

Im Frühjahr 1953 ist schließlich Baubeginn. Die ersten Versuchshäuser liegen in der Bremerstraße im Unterland direkt an der Felskante. Es entstehen acht zweigeschossige Einfamilienhäuser mit Balkonen und einem auffällig asymmetrischen Giebel. Vorne ein kurzes steiles Dach, hinten ein lang abfallendes Pultdach mit Oberlichtern. Damit kommt Licht in die Häuser und Gassen trotz der engen Bebauung. Bereits ein Jahr später ziehen die ersten Helgoländerinnen und Helgoländer zurück in die Bremerstraße.

Asymmetrische Dächer und eine hohe Bebauungsdichte mit engen Gassen sind die Merkmale des neuen Helgolands und setzen sich in der Bebauung im Ober- und Unterland fort. Dabei bleibt die Tradition des Einfamilienhauses mit der Möglichkeit des Fremdenzimmers erhalten. Die engen Gassen haben auf der Insel ohne Autoverkehr schon immer Tradition. Durch vor- und zurückspringende Fassaden und geschwungene Wege kommt eine geborgene Atmosphäre auf, der Wind bleibt draußen und die Siedlung wirkt größer, da man auf übersichtliche Straßenfluchten verzichtet.

Vor allem die Skandinavische Moderne stand Pate für die Helgoländer Bebauung. Auch die klare Farbgebung der verschalten Hauswände ist skandinavisch inspiriert. Eine Palette mit 14 Farben hat der Künstler Johannes Ufer für die Insel festgelegt. Helle Töne für das Oberland und kräftige Farben für das Unterland.

10 Jahre baute man an dem neuen Helgoland. Den zurückgekehrten Insulanerinnen und Insulanern fiel die Umstellung zum Teil schwer. Heimatgefühl muss wachsen, und das braucht Zeit. Heute ist man zurecht stolz auf das klare, freundliche Gesicht der Insel. In der Fachwelt gilt die Inselarchitektur als ein Gesamtkunstwerk aus Formen und Farben. Sie ist ein gelungenes Beispiel für eine traditionsbewusste Moderne.

Alle Abbildungen: © Nordseemuseum Museum Helgoland