Station: [38] Die Fränkisch-Crumbacher Synagoge


Zur Zeit der Reichsgründung im Jahr 1871 lebten in Fränkisch-Crumbach ca. 1.650 Einwohner. Von ihnen gehörten etwa 100 der Israelitischen Religionsgemeinde an. Dank der rechtlichen Gleichstellung der jüdischen Bürger im Deutschen Reich wurden vielerorts Synagogen gebaut, so auch in Fränkisch-Crumbach. Der Zigarrenfabrikant Isaak Oppenheimer III. unterschrieb als Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinde am 20. Januar 1873 die Ausschreibung für den Bau der Synagoge. Sie konnte bereits 1874 eingeweiht werden. Zur Synagoge gehörten eine Mikwe – ein jüdisches Ritualbad – und ein Schulraum mit kleiner Wohnung.

Seit 1936 wurde die Synagoge nicht mehr genutzt. Viele jüdische Bürger hatten bereits Crumbach verlassen, um ihr Leben zu retten. Dadurch waren in der Israelitischen Religionsgemeinde nicht mehr genügend männliche Mitglieder vorhanden, um die religiösen Rituale durchzuführen.

Für die leerstehende Synagoge mussten die noch verbliebenen Juden jedoch eine Sondersteuer bezahlen, die sie nicht aufbringen konnten, da sie wegen fortgesetzter Behinderung ihrer Berufsausübung verarmt waren.

So wurde das Gebäude am 21. Juli 1938 von der Israelitischen Religionsgemeinde an die Familie Albrecht Ripper senior verkauft. Es sollte für die Erweiterung des sich seit 11 Jahren neben der Synagoge befindenden recht kleinen Kinos genutzt werden. Unterschrieben wurde der Vertrag von Moritz Oppenheimer, dem Sohn von Isaak Oppenheimer, Julius Neu und Lazarus Karlsberg.

Bald wurde die Synagoge zu einem Kino umgebaut. Zur Eröffnung am 10. November 1938, dem Tag nach der Reichspogromnacht, schrieb das Darmstädter Tagblatt: „Die Neuausstattung mit neuzeitlichem pausenlosen Vorführungsgerät ließ aus den seither für ganz andere Zwecke benützten Räumen eine Anlage entstehen, um die Fränkisch-Crumbach wohl vielerorts beneidet wird“. Die Art der vorherigen Nutzung blieb bewusst unerwähnt.

Moritz Oppenheimer und seine Frau Margarete wurden im August 1942 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.

Julius Neu wanderte 1939 mit seiner Frau Frieda und Tochter Martha in die USA aus.

Lazarus Karlsberg emigrierte im Februar 1939 im Alter von 74 Jahren nach Argentinien und lebte bis zu seinem Tod bei seinem Sohn Josef Karlsberg.

 

Text: Horst Fornoff, Fränkisch-Crumbach,mit freundlicher Erlaubnis
Abbildung: © Albrecht Ripper, Fränkisch Crumbach, mit freundlicher Erlaubnis