Station: [11] Das Oceanus-Cernunnosmosaik


F: Das Gladiatorenmosaik präsentiert sich uns streng geometrisch, mit einer klaren Struktur und voneinander abgegrenzten Bildern. Im Fall des Oceanusmosaiks ist das anders. 

M: Das Bodenbild wirkt, als wären wir hineingeworfen worden mitten in das wogende Meer, in die tosenden Wellen. 

F: Die Darstellungen sind maritim und mediterran und gehen fließend ineinander über. Zwischen den einzelnen Szenen tummelt sich allerlei Meeresgetier: Seeschlange, Kraken und Thunfische, Makrelen schwimmen umher, Schwertfische oder auch gefährliche Muränen.

M: Das Mosaik hat dabei eine viereckige Fläche von 8,2 auf 7,4 Metern, also umgerechnet knapp 60 Quadratmeter. Daran schließt sich eine halbrunde Erweiterung an, die Apsis. Wir stehen direkt vor ihr. In diesem Halbrund stand früher wohl eine sogenannte Kline, die typische Ruhe- und Speiseliege der Römer. Von dieser aus hatten der Hausherr und seine Gäste einen perfekten Blick auf das Mosaik – und natürlich auf Oceanus.  

Glaubt man den griechischen Mythen dann war dieser Oceanus der Vater aller Flüsse. Bei Hesiod ist er gar der Vater aller Gewässer und Götter – und die Quelle der Schöpfung. Im Halbrund des Mosaiks wird er mit graubraunem, lockigem Haar dargestellt, es reicht ihm bis zu den nackten Schultern. Zudem trägt er einen dünnen Schnurrbart oberhalb der Lippen, der sich dann neben dem Mund fortsetzt und über das Kinn hinauswächst. 

F: Viel spannender als die Barttracht ist aber die Frage, was unser Gott auf dem Kopf trägt. 

M: Handelt es sich um Krebsscheren oder Korallenäste? Oder ist es doch eher ein Geweih? 

F: Zudem scheinen ihm Blätter aus dem Kopf zu wachsen – oder sind es doch eher Wasserpflanzen? Und was schlingt sich da um seinen Hals? Eine Schlange! Das Ganze erinnert stark an einen Halsreif, einen sogenannten Torque – ein typisches Schmuckstück der Kelten. 

M: Diese Eigenheiten legen eine Vermutung nahe: In der Darstellung verbinden sich die Attribute des Oceanus mit denen eines anderen Gottes. Vermutlich handelt es sich Cernunnos, den keltischen Fruchtbarkeitsgott und Herrn der Tiere. Cernunnos wurde in der Regel mit einem Hirschgeweih dargestellt sowie mit einer Schlange. Die Kombination verschiedener Gottheiten und deren Attribute war bei den Römern jedoch nichts Ungewöhnliches.

F: Und was sieht man sonst noch in unserem Mosaik? 

M: Eine Collage aus Einzelbildern. Eine detailreiche Wiedergabe der antiken Lebenswelt am oder auf dem „mare nostrum“, dem Mittelmeer. 

F: Die Szene linkerhand zeigt einen mediterranen Hafenort mit einem sogenannten macellum, einem Lebensmittelmarkt. Ein Händler sitzt dort vor seiner ausgebreiteten Ware, vermutlich sind es Austern. Mit der linken Hand nimmt er gerade die Bezahlung eines Kunden entgegen. 

M: Sein Gehilfe hantiert derweil mit verschiedenen Amphoren, mit denen unterschiedlichste Waren transportiert werden, so auch Lebensmittel wie die bekannte römische Fischsauce, das garum. 

F: Im Hintergrund ist ein Rundbau zu sehen, ein „tholos“ mit Säulen, Dort steht im obersten Stockwerk eine Person und zeigt auf den Hafen hinunter. Es ist vermutlich ein Auktionator. Damals wurden ganze Schiffe mit Mann und Ware versteigert und verkauft. Im Vordergrund steuert währenddessen ein Schiff den Hafen an, es hat die Segel gerefft, die Mannschaft sitzt an den Rudern. Wer weiß, was das Boot geladen hat!?

 

Foto: © Römerhalle Bad Kreuznach