Station: [5] Ad claritatem – Beim Augenarzt L. Virius Carpus


Klein und unscheinbar sieht es aus. Doch das, was sich da vor Ihnen in der Vitrine dreht, ist eine echte Besonderheit. Es ist nämlich der Präge-Stempel eines Augenarztes. Genauer gesagt, der Stempel von Lucius Virius Carpus. Im antiken Riegel hatte dieser eine Praxis für Augenheilkunde. Vermutlich lag sie im sogenannten Nordvicus der Stadt, linkerhand der Straße nach Straßburg beim heutigen Fronhofbuck. Dort wurde der Stempel  im Jahr 1840  gefunden. 

Der Stempel besteht aus Serpentin und besitzt vier Schmalseiten. Darauf befindet sich jeweils eine spiegelverkehrt eingravierte Inschrift: Auf der einen Seite ist der Name des Arztes zu lesen. Auf der anderen Seite ein Salben-Rezept für „Diapsoricum auf Balsambasis“. Zusätzlich gibt es ein Rezept für das „Goldgleiche-Heilmittel für klares Sehen“. Und auf der vierten Seite findet sich eine „Vatriolsalbe gegen das Trachom“. 

Ein Trachom ist eine bakterielle Entzündung der Binde- und Hornhaut. Im schlimmsten Fall kann sie zum Erblinden führen. Zur Behandlung dieser und anderer Augenkrankheiten rührten die Ärzte verschiedene Salben an. Diese wurden in Stäbchen-Form gepresst und getrocknet. Mithilfe des Stempels wurde der Name der Salbe aufgedruckt sowie der Wirkstoff. Das konnte beispielsweise Balsam, Kupfer, Amber, Narde oder Eisenkraut sein. 

Zu Hause musste der Patient die getrocknete Salbe dann mit einer Flüssigkeit anrühren. Je nach Rezept passierte das mit Wasser, Milch oder Eiweiß. Mitunter wurde die Salbe sogar mit Wein vermischt. Selbst Augenleiden wie Grauer Star konnten die römischen Ärzte bereits behandeln. Der Schriftsteller Aulus Cornelius Celsus beschreibt die entsprechende Methode bereits im 1. Jahrhundert nach Christus in seinen Büchern „Über die Medizin“. So ist dort zu lesen:

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Man nimmt eine Nadel (…) und sticht sie gerade durch die beiden äußeren Häute in die Mitte zwischen dem Dunkel des Auges und dem schläfenwärts liegenden Augenwinkel und in gewissem Abstand vom Zentrum des Stars, so dass keine Ader verletzt wird. Man kann die Nadel ohne Zögern einschieben, denn sie trifft auf einen Hohlraum (…) man neigt sie zum Star hin; dort gibt man ihr eine leichte Drehung und führt langsam den Star unter das Feld der Pupille, danach drückt man sie kräftig, um ihn in den unteren Teil des Auges zu schieben.“

© Archäologisches Museum Riegel