Station: [4] Uhrwerk Vortmann: Schlagwerk und freie Ankerhemmung


Ist Ihnen die Glocke unter dem kleinen Vordach außen am Museum aufgefallen? Auch durch das Fenster kann man sie gut sehen. Genau genommen sind es zwei Glocken übereinander, die über jeweils ein Drahtseil mit den zwei Schlagwerken dieser Turmuhr verbunden sind. 
Das Schlagwerk mit dem linken Walzenrad gibt die Viertelstunden an. Jede volle Stunde wird zudem von dem rechten Schlagwerk mit der rechten Walze eingeläutet. Und zwar mit genau so vielen Schlägen, wie die Stunde zeigt.
In der Mitte von dem Werk befindet sich das Gehwerk. Das Pendel und die Hemmung sorgen dafür, dass das Gehwerk gleichmäßig läuft.
Die Hemmung hält das Räderwerk regelmäßig an und verhindert so, dass die hochgezogen Gewichte unkontrolliert von der Walze ablaufen.
Das Pendel bestimmt durch sein gleichmäßiges Schwingen die Ganggenauigkeit der Uhr. Eine Mechanik im Räderwerk gibt dabei dem Pendel den Impuls zur Bewegung.
Bei jedem Schwung löst das Pendel die Hemmung kurz aus und das Gehwerk läuft einen kurzen Moment weiter bevor es von dem Ankerzahn der Hemmung wieder angehalten wird. Dabei entsteht das typische Tik Tak Geräusch der Uhr. Bei jedem Tik fällt das freigegebene Ankerrad einen Zahn weiter in die nächste Ruhefläche der Hemmung. 
 
Bei diesem Uhrwerk aus dem Hause Vortmann setzte man allerdings auf eine ganz besondere Technik bei der Hemmung: Behalten sie die goldene Mechanik mit dem kleinen Zahnrad oben auf der Pendelstange genau im Auge. Nur ein Mal pro Minute hat das Pendel hier eine Verbindung zum Uhrwerk. Dabei löst ein kleiner Hebel das Gehwerk aus, und der Zeiger läuft oben auf dem blauen Zifferblatt eine Minute weiter. Danach schwingt das Pendel ohne Berührung mit dem Uhrwerk wieder eine Minute lang weiter, bis es erneut auf den Hebel trifft.
Diese Art der Hemmung heißt frei schwingende Ankerhemmung, da die Mechanik der Hemmung direkt auf dem Pendel schwingt und nicht im Uhrwerk selbst fixiert ist. 
Turmuhrwerke mit Zahnrädern aus Messing haben im 19. Jahrhundert die schmiedeeisernen Werke abgelöst. Die neuen Materialen erlaubten eine feinere Technik, so dass die Uhren noch zuverlässiger arbeiteten. 
Die Liebe zum Dekor ist geblieben. Goldene Einfassungen machten die Uhrwerke noch prächtiger. Auch bei den Zifferblättern wurde an Gold nicht gespart. 
Das Zusammenspiel von Zifferblatt und Uhrwerk erklärt die große Zeichnung links oben an der Wand.

Fotos: © Martina Bosse