Station: [39] Die jüdische Familie Oppenheimer: eine bemerkenswerte Crumbacher Familie


Die jüdische Familie Oppenheimer: eine bemerkenswerte Crumbacher Familie

Isaak Oppenheimer III. wurde 1843 geboren, in einer Zeit, in der in Crumbach über 90 Juden wohnten. Er war ein frommer Jude und initiierte als Vorstand der Israelitischen Gemeinde den Bau der Crumbacher Synagoge. Isaak wohnte mit seiner Familie hier in diesem Haus. In den angrenzenden Gebäuden an der Allee und der Erbacher Straße gründete und betrieb er seit 1870 die „Erste Oppenheimer & Söhne Cigarrenfabrik“. Die war so erfolgreich, dass er eine Zweigniederlassung in Pfaffen-Beerfurth eröffnen konnte. Seine Söhne Moritz und Gustav übernahmen Anfang des 20. Jahrhunderts die Fabrik, die im Laufe der Jahre bis zu 120 Angestellte beschäftigte und damit der bedeutendste Arbeitgeber des Ortes wurde. Alle Angestellten waren sozial-, kranken- und rentenversichert.

Moritz Oppenheimer war Mitbegründer der Fränkisch-Crumbacher SPD und von 1916 bis 1930 Mitglied des Gemeindeparlamentes. Außerdem war er Geschäftsführer der Genossenschaft zur Errichtung eines Elektrizitätswerkes und Vorsitzender der Baugenossenschaft für die Siedlung „Auf dem Zieglers“. Es ist ersichtlich, dass Moritz Oppenheimer ein politisch engagierter und wirtschaftlich erfolgreicher Bürger des Ortes war, was ihn und seine Familie jedoch nicht vor Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten schützte.

Moritz Oppenheimer hatte mit seiner zweiten Frau Margarete vier Kinder. Nach der Reichspogromnacht im November 1938 bemühten sich die Eltern erfolgreich, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Hannah und Ruth gelangten mit Kindertransporten nach England, Michael und Feodora wurden von französischen Familien aufgenommen. Die Eltern Moritz und Margarete wurden 1942 in Auschwitz ermordet.

Nach dem Krieg schloss Tochter Ruth Freundschaft mit mehreren Frauen aus Crumbach und Beerfurth und besuchte die Region häufig. Als Zeitzeugin hielt sie seit den 1970er Jahren unermüdlich Vorträge an Schulen und anderen Institutionen, um die Nachkriegsgeneration und besonders die Jugend an die Schrecken des „Dritten Reiches“ zu erinnern. Dafür erhielt sie das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Sie starb im Jahr 2020.

 

Text: Claus Fittschen, © Rodensteinmuseum
Abbildungen
1) Familie Moritz Oppenheimer   
2) Belegschaft der Zigarrenfabrik 1915
Fotos © Barbara Linnenbrügger, Reichelsheim, mit freundlicher Erlaubnis