Station: [15] Bibelherstellung im Mittelalter: Das Skriptorium


Woran der Mönch in seinem mittelalterlichen Kreuzgang wohl denken mag?

Das ganze Mittelalter hindurch waren es die Klöster, die die Bibel vervielfältigten und verbreiteten. Unzählige Mönche und Nonnen arbeiteten in den Skriptorien, kopierten, schrieben und illustrierten die wertvollen Handschriften.

Sie saßen auf harten Holzbänken an Schreibpulten mit schrägen Arbeitsflächen. Probieren Sie es selbst einmal aus, wie sich solch ein mittelalterlicher Schreiber an seinem Arbeitsplatz gefühlt haben muss.

O quam tristis est scriptura: oculos grauat renes frangit simul et omnia membra contristat. Tria digita scribunt, totus corpus laborat.

„Oh, wie schwer ist das Schreiben: Es trübt die Augen, quetscht die Nieren und bringt zugleich allen Gliedern Qual. Drei Finger schreiben, der ganze Körper leidet…“

So beklagte sich vor über 1.300 Jahren ein Schreiber. Sein Arbeitsmaterial waren: Gänsefedern, Tinte, ein Wachstäfelchen und schließlich ein Bogen Pergament. 

Um das kostbare Pergament nicht zu verschwenden, skizzierte er die Seite auf der Wachstafel – eine Art Layout-Entwurf. Dann zog er feine Linien auf die zugeschnittene Pergamenthaut, ließ Raum für kunstvolle Bilder oder Einzelbuchstaben und machte sich schließlich an die Übertragung, die Reinschrift. Über den Anstellwinkel der Feder kontrollierte er, wie viel Tinte fließen durfte, denn die Buchstaben durften natürlich weder zu blass wirken noch durfte die Tinte verlaufen!

Eine „Delete“-Taste oder gar die Autokorrektur gab es nicht. Fast nicht mehr vorstellbar in unseren Zeiten!

Die mittelalterlichen Schreiber waren Künstler und die von ihnen geschaffenen Werke – Evangeliare, Perikopen oder liturgische Bücher – konnte sich nur die adelige Oberschicht leisten… die selbst oft nicht einmal lesen konnte!

Ein paar dieser handgeschriebenen und aufwändig gestalteten Bücher können Sie in unserer Schatzkammer entdecken. Es ist der kleine Raum rechts neben dem nachdenklichen Mönch.

Und wenn Sie sich selbst in der Kunst des Schönschreibens üben möchten: Auf einem der beiden Schreibpulte haben Besucher und Besucherinnen der Bibelgalerie ein großangelegtes Projekt begonnen: die handschriftliche Abschrift der Bibel – freilich nicht mit Gänsefeder und Pergament, sondern „nur“ mit Kugelschreiber und Papier…

… aber immerhin! Schreiben Sie mit!

Alle Abbildungen: © Bibelgalerie Meersburg