Station: [17] Kafka


Kafka - der Namenszug des Autors überzieht die Stelen dieses Environments. Obsessiv wiederholt Théo Kerg den Schriftzug in unterschiedlichen Variationen. Die Buchstaben verschränken sich zu eigenständigen typografischen Elementen und ragen als tastbare Strukturen aus der Oberfläche. Auf der Rückseite der hinteren Stele kommt ein weiteres Wort hinzu: Labyrinth, darunter bricht die angenagelte Spiegelfolie den Raum der Umgebung, löst ihn auf und bringt ihn als Fragmente in die Skulptur hinein. 

Dieser Prozess der Auflösung lässt sich sinnbildlich für den Seelenzustand lesen, in denen sich häufig die tragischen Figuren in Kafkas Erzählungen befinden. Ein traumatischer Moment, voller kafkaesker Verstrickungen, dem auch Theo Kerg 1944 ausgesetzt war. 

Damals inhaftiert man Kerg. 15 Monate lang saß er im Gefängnis, ohne Haftbefehl, ohne Prozess und ohne Urteil. Von Unbekannten verleumdet, und der Kollaboration mit dem Naziregime beschuldigt. Eine Situation der Ohnmacht, die erschreckende Parallelen zu der der Figur des Josef K. in Kafkas Roman der Prozess aufweist. 

Kafka - der Prozess, so lautet auch der Titel der großen Arbeit auf Leinwand hinter dem Einvironment. Ist in der Arbeit das Unheil abzulesen, welches das Trauma gegenüber einer höheren Gewalt in das Bild transformiert? Die klaren, hellen Farben strahlen zunächst einen Moment der Ruhe aus. Die abgeschrägten Ecken der Leinwand wirken wie ein schützendes Dach. Aber das Bild ist voller Risse und gibt sein verschnürtes Inneres frei. Die Löcher wirken wie Wunden, dahinter verbirgt sich ein undurchdringliches Konstrukt aus Schnüren. Diese Arbeit zeugt von tiefen Verletzungen und bedrohlichen Abgründen, die Carlo Kerg, der Sohn des Künstlers, folgendermaßen beschreibt:

In der Malerei von Théo Kerg ist die Kommunikation gestört, das Fleisch des Bildes ist verzehrt, Sehnen bleiben, die Auswüchse dringen in alles ein. Auf seinen Leinwänden können wir Wunden sehen, wenn wir den Träger abreißen. Die Dekonstruktion wird mehr und mehr zu einem Mittel der Schöpfung. 

Auch bei der nächsten Station, der Metallstele, bearbeitet Kerg mit typografischen Mitteln ein politisch brisantes Thema.

Foto: © Doro Burkadt