Station: [1] Verwaltungsgebäude


Hallo und herzlich willkommen zum Kulturwanderweg durch den Industriepark Sömmerda. Wir laden Sie ein, mit diesem Audioguide in 19 Stationen bahnbrechende Erfindungen und den Aufstieg Sömmerdas zur Industriestadt kennen zu lernen, und an den Originalschauplätzen auch von den Zeiten des Niedergangs und menschlicher Not zu erfahren.

Vielen Menschen ist das Robotron Büromaschinenwerk Sömmerda als großer volkseigener Betrieb der DDR mit bis zu 14.000 Beschäftigten noch bekannt. Aber wussten Sie, dass die Wirtschaftsgeschichte der Stadt bis ins frühe 19. Jahrhundert reicht?

Den Grundstein zum Industriestandort Sömmerda legte Johann Nicolaus von Dreyse mit seiner Entwicklung des Zündnadelgewehrs. Eine geniale Erfindung, mit der Dreyse die Gewehrtechnik revolutionierte und sich große Staatsaufträge für das preußische Militär sicherte. Im Jahr 1841 gründete der Unternehmer die Dreysesche  Gewehrfabrik unweit von diesem Standort.

Die militärischen Auseinandersetzungen Preußens in den 1860er-Jahren bis hin zur deutschen Reichsgründung 1871 garantierten von Dreyse ein florierendes Unternehmen mit bis zu 3.000 Beschäftigten. 

30 Jahre später steht die Dreysesche  Fabrik nach dem Verlust staatlicher Aufträge kurz vor dem Konkurs. Auf Betreiben des findigen Geschäftsmanns und Rüstungsunternehmers Heinrich Ehrhardt übernimmt die Düsseldorfer Aktiengesellschaft Rheinmetall im Jahr 1901 das Unternehmen und baut es als Rüstungsbetrieb aus. Der Erste Weltkrieg führt zu einer bedeutenden Erweiterung des Werks. Während des Kriegs entsteht hier 1917 dieses Verwaltungsgebäude. Bis zur Auflösung des Betriebs Ende 1991 blieb es der Sitz der Werksleitung. 

1918 ist der Krieg verloren und Deutschland die Herstellung von Rüstungsgütern fast vollständig untersagt. Die Rheinmetall Sömmerda produziert stattdessen feinmechanische Metallwarenerzeugnisse wie Schreibmaschinen und Rechenmaschinen. 

Dann, mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wiederholt sich die Geschichte. Wieder führen Aufrüstung und Krieg zu einem starken Wachstum des Rheinmetall-Werks in Sömmerda. Rund 18.000 Mitarbeiter sind in Kriegszeiten hier beschäftigt, darunter viele tausend Menschen, die als Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter und als KZ-Häftlinge zur Arbeit im Werk gezwungen werden.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird das Werk Teil der „Sowjetischen Aktiengesellschaft für Präzisionsmaschinen“. Die Sowjetische Militärregierung ordnet die Wiederaufnahme der zivilen Produktion an. Das Werk Sömmerda produziert ab Sommer 1945 Büromaschinen, die zu großen Teilen als Reparationsleistungen in die Sowjetunion gehen. 

Im Juni 1952 fängt ein neues Kapitel an: Die Sowjetunion übergibt das Werk der DDR. Unter dem Namen VEB Mechanik Büromaschinenwerk Rheinmetall Sömmerda produziert der Betrieb vorwiegend Rechen- und Schreibmaschinen. 

Als volkseigener Betrieb unterliegt das Werk der staatlich gelenkten Planwirtschaft. Ab 1969 untersteht es dem Kombinat Zentronik, 9 Jahre später dem Kombinat Robotron. Trotz der Mangelwirtschaft gelingt es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hochwertige Produkte zu entwickeln. Den Höhepunkt bildet der erste massenhaft hergestellte Personalcomputer der DDR im Jahr 1985.

Die Wende bedeutete das Aus für das Büromaschinenwerk Sömmerda. Trotz aller Bemühungen einzelne Werksbereiche auszugliedern und trotz des großen Engagements der Belegschaft Kernbereiche zu retten, wird das gesamte Werk als unwirtschaftlich eingestuft und Ende 1991 liquidiert.

Bis heute haben sich auf dem ehemaligen Werksgelände und im Raum Sömmerda zahlreiche mittelständische Betriebe angesiedelt, von denen einige das technische Know-How aus dem Büromaschinenwerk in neue Unternehmen einbrachten. Wir laden Sie ein, die Tour durch das Geländes des ehemaligen Büromaschinenwerks mit diesem Audioguide fortzusetzen. Die Karte auf ihrem Mobiltelefon führt Sie zu den einzelnen Audio-Stationen.

Alle Abbildungen: © Stadtarchiv Sömmerda
Informationen von Herrn Dr. Hans-Diether Dörfler, Sigmar Radestock