Station: [3] Textilherstellung: „Von Feld und Weide auf die Haut“


M: Kaufhäuser, Modeketten oder gar Boutiquen gab es nicht. Von der Wollsocke bis zum Spitzenkragen war alles handgemacht!

F: Für uns heute ist es kaum vorstellbar, wie viel Zeit und Mühe die Menschen früherer Generationen aufwenden mussten, um ihre Kleidung herzustellen. Die Bandbreite der Garne und Stoffe war relativ gering: Im Sommer trug man das kühlende Leinen, im Winter Schafwolle. Und beides wurde vom Rohmaterial bis zum fertigen Kleidungsstück zu Hause und von Hand verarbeitet. 

M: Dementsprechend waren Schafzucht und Flachsanbau im thüringischen Saaletal weit verbreitet und die komplizierten Verarbeitungsprozesse allen hier lebenden Menschen geläufig.

F: Möchten auch Sie wissen, wie aus der Flachspflanze ein feines Leinenhemd wird? 

M: Ganz einfach: Früh im Jahr wird der Flachs gesät und nach knapp vier Monaten geerntet. Die Pflanze wird dabei mit der Wurzel ausgerissen, von ihren Samenkapseln befreit, zum Trocknen auf das Feld gelegt bzw. für einige Tage in einer Wassergrube versenkt oder in den Tau gelegt und dann getrocknet.

F: Anschließend muss die Faser aus dem holzigen Stängel herausgelöst werden und dafür sind mehrere Arbeitsgänge mit unterschiedlichen Werkzeugen nötig:

Zunächst werden die Stängel in kurzen Abständen gebrochen, indem sie bündelweise quer über die Brechbank gelegt werden und der Hebel von oben herabgedrückt wird. Die holzigen Anteile des Stängels lösen sich von den Fasern und fallen heraus. Anschließend wird das Faserbündel auf dem Schwingstock bearbeitet und dann durch große Kämme, die so genannten Hecheln, gezogen und schließlich durchgebürstet. Die Fasern verfeinern sich mit jedem Arbeitsgang und sind schließlich zart und weich.

M: So werden sie dann auf dem Spinnrad versponnen – eine zeitraubende Beschäftigung, die die Frauen und die alten Männer den ganzen Winter über beschäftigte.

F: Das gesponnene Garn kam schließlich auf den Webstuhl, um dort zu einem Leintuch verarbeitet zu werden. Und aus diesem nähte die Hausfrau dann Hemden, Schürzen, Jacken oder auch Bettwäsche.

M: Aus gröberen Leinfasern stellte man Satteldecken oder Mehlsäcke her. Nachdem im 20. Jahrhundert die Leinstoffe fast vollständig von der importierten Baumwolle verdrängt worden waren, lässt sich seit einigen Jahrzehnten eine Rückbesinnung auf diese traditionsreiche Kulturtechnik beobachten. Im Leinen schwitzt man nicht so. Und es ist sehr haltbar. Früher schworen die Bauern bei der Ernte auf ihre langärmeligen Leinenhemden. Denn die Arme wurden von den scharfkantigen Getreidehalmen nicht so zerstochen.

Fotos: © Förderverein Museum Zinsspeicher Thalbürgel e.V.