Station: [22] Handwerk und Gewerbe


Dieses große Gerät ist ursprünglich eine englische Erfindung aus dem späten 16. Jahrhundert. Durch die Hugenotten kam der hölzerne Apparat schließlich auch nach Deutschland. Es ist ein Strumpfwirkstuhl, eine hochkomplexe Maschine, die aus weit mehr als 1000 Teilen besteht. Natürlich haben die Hugenotten das schwere Gerät nicht auf der Flucht mit sich geschleppt, aber sie besaßen die Baupläne der englischen Erfindung. Mit dem Strumpfwirkstuhl ist es möglich, aus nur einem einzigen Faden die einzelnen Strumpfteile zu wirken, die dann zusammengenäht werden.
Solche modernen Fertigungsverfahren waren unter den deutschen Webern und Textilarbeitern gänzlich unbekannt. Die hugenottischen Handwerker waren ihren deutschen Kollegen weit voraus. Viele von ihnen arbeiteten in der Textilbranche, sie fertigten Handschuhe, Hüte oder Perücken. Das Posamentieren, das kunstvolle fertigen von Bordüren und Knöpfen, und die Seidenverarbeitung, waren ebenfalls typische Hugenottengewerbe.
Die Flüchtlinge aus dem kultivierten Frankreich beherrschten die Produktion von Luxusartikeln. Sie produzierten Seifen und Parfums, fertigten Gobelins und schmiedeten besonders kunstvolle Gold- und Silberarbeiten wie Schmuck und Uhren.  
In der Landwirtschaft führten Hugenotten neue Pflanzen und Gemüsesorten ein. Der Tabakanbau in der Brandenburger Uckermark und in Baden, gewann durch sie an Bedeutung. 
Trotz ihrer guten Ausbildung, des handwerklichen Knowhows und der staatlichen Förderung mussten viele große Hugenottenbetriebe nach ein paar Jahren bereits wieder schließen. Es fehlte den Flüchtlingen aus Frankreich das richtige Gespür dafür, was bei der deutschen Kundschaft wirklich ankommt, und man produzierte am Markt vorbei. 

Foto: © DHG