Station: [99] Außenstation: Gedenkstätte 25. März 1933


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Das Alte Rathaus von Creglingen war einer der Schauplätze der ersten organisierten Ausschreitungen gegen Juden in Württemberg durch die Nationalsozialisten. Am 25. März 1933, unmittelbar nach dem Erlass des Ermächtigungsgesetzes, stürmten SA- und Polizei-Einheiten unter Mithilfe des Creglinger NSDAP-Ortsgruppenleiters Karl Stahl die örtliche Synagoge. Sie gaben vor, nach versteckten Waffen zu suchen, bedrohten 16 Männer jüdischen Glaubens, trieben sie hierher, ins Rathaus, und misshandelten sie schwer. Zwei Männer starben an den Folgen ihrer Verletzungen. Die Ehefrau eines Dritten erlitt vor Angst und Aufregung einen tödlichen Herzinfarkt.

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Dies alles geschah unter den Augen der Bevölkerung. Der damalige Bürgermeister war anwesend. Im Gebäude gegenüber herrschte Schulbetrieb. Niemand griff ein. Der Niederstettener Pfarrer, der am folgenden Sonntag die Ausschreitungen von der Kanzel aus kritisierte, wurde von seinen Vorgesetzten heftig gerügt, den Nazis drangsaliert und schließlich in den Selbstmord getrieben.

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Im Jahr 2005 hat die Stadt Creglingen am Ort des Geschehens eine Gedenkstätte eingerichtet. Der ehemalige Sitzungssaal im ersten Stock ist heute ein Raum des Gedenkens und der Stille. Hier wurden die Männer festgehalten und gedemütigt, bevor sie zu den fingierten Verhören geholt wurden, und hierher wurden sie auch nach den schweren Misshandlungen zurückgebracht.

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Studierende der Kunstakademie Stuttgart haben den Saal zu einer Gedenkstätte umgestaltet: Sie haben einen kargen, leeren Raum entworfen, der das Spannungsfeld zwischen Sehen und Nicht-Sehen, zwischen Sehen-Wollen und Nicht-Sehen-Wollen erkundet. Im Vorraum liegt ein Memorbuch aus, das Sie über die Vorgänge informiert und an die Opfer des 25. März 1933 erinnert.

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Die Gedenkstätte gehört mit dem Jüdischen Museum und dem Jüdischen Friedhof zur Gedenktopographie Creglingen.

 

Foto: © Stadt Creglingen