Station: [4] Firma A. Goldkuhle


Mit dem freundlich lächelnden Herrn beginnt die Geschichte der Wiedenbrücker Schule. Franz Anton Goldkuhle eröffnete 1854, mit knapp 30 Jahren, seine Werkstatt für Kunsttischlerei. Auf seiner Werkbank fertigte er zunächst ornamentale Schnitzereien wie das zweigeteilte Oberlicht, das Sie ganz oben an der Wand sehen. Anfang der 1860er Jahre bekam Goldkuhle vom zuständigen Architekten Gerhard August Fischer aus Barmen den Auftrag, die Wiedenbrücker Franziskanerkirche neu auszustatten. Goldkuhles Gestaltungsspielraum war sehr begrenzt, denn die Kirchenbaupolitik in der preußischen Provinz Westfalen wurde zentral von Berlin aus gelenkt. Die Werkstatt erhielt also die abgestimmten Entwürfe, die keinesfalls verändert werden durften. Offenbar gelang es Goldkuhle und seinen Mitarbeitern aber, die Erwartungen des Kirchenbaumeisters zu erfüllen, denn nach der Neuausstattung der Franziskanerkirche folgte ein Auftrag auf den nächsten und Goldkuhle spezialisierte sich auf Kircheneinrichtungen. Sein Erfolgsrezept: die Arbeitsteilung. Goldkuhle selbst war Kunsttischler, und so stellte er Bildhauer, Maler und andere Gewerke ein, um die Großaufträge abzuwickeln. Viele der späteren Wiedenbrücker Künstler begannen ihre Karriere in Goldkuhles Werkstatt. Auch seine fünf Söhne sollten alle als Altarbauer, Bildhauer oder Kirchenmaler arbeiten. Goldkuhles Betrieb war konfessionell nicht festgelegt und belieferte sowohl katholische wie auch evangelische Kirchen. Sein Sohn und Nachfolger Franz fertigte sogar die Toralade der Synagoge in Lippstadt. Die Wiedenbrücker Künstler hatten weltanschauliche Kämpfe also weitgehend aus ihrer Arbeit verbannt. Sie waren Auftragnehmer und fertigten eine Ware, die für liturgische Zwecke genutzt wurde – ob von Katholiken, Protestanten oder Juden, war unerheblich. Auch das Germania-Denkmal, das seit 1874 auf dem Rhedaer Lindenplatz, dem heutigen Doktorplatz, stand, stammt von Franz Anton Goldkuhle. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts blieben in der Werkstatt Goldkuhle die Aufträge aus dem kirchlichen Umfeld aus. 1901 wechselte sie in die Hand eines ehemaligen Kunden, der den Betrieb in eine Möbeltischlerei umwandelte.

Alle Abbildungen: Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum