Station: [5] Modelle


Dieser große Raum ist die ehemalige Werkstatt der Firma Diedrichs und Knoche. Hier entstanden die verschiedenen Einzelteile der Altäre mit ihren Figuren und Ornamenten. In der Mitte des Raumes stehen die fertigen Produkte zur Auslieferung bereit. Und an den Wänden – nicht anders als in früheren Zeiten – warten unzählige Gipsmodelle auf ihren Einsatz.

Vorlagen und Modelle waren für das plastische Schaffen der Wiedenbrücker Schule unentbehrlich und in jeder Werkstatt zu finden. Die Gliederpuppen beispielsweise: Kein lebendes Modell hätte so lange in einer bestimmten Pose sitzen können, bis der Bildhauer oder Schnitzer seine Figur vollendet hatte. Also behalf man sich mit Puppen, an denen man Posen, Handhaltungen oder Faltenwürfe nachstellen konnte.

Auch extra angefertigte Fotos mit lebenden Modellen waren als Vorlagenmaterial beliebt. Die Körperhaltungen eines Gekreuzigten oder eines trauernden Jüngers unter dem Kreuz konnten auf Aktfotografien nachempfunden und dem aktuellen Aussehen der Menschen angepasst werden. Für den Planungsprozess und die Kommunikation mit dem Auftraggeber fertigte man schließlich Architekturmodelle – nicht anders als heute. An den Modellen zwischen den beiden Gliederpuppen können Sie erkennen, wie der Stilmix des Historismus funktionierte: Der hoch aufstrebende Altar ist in neugotischen Formen ausgeführt, während im oberen Teil des Kirchenraumes neuromanische „Rundbogen“-Formen vorherrschen.

Die großen Werke der Kunstgeschichte waren die Quelle, aus der der Historismus schöpfte. Auf langen Borden an ihren Atelierwänden bewahrten die Wiedenbrücker Künstler eine Vielzahl von Gipsmodellen auf, die sie bei Bedarf immer wieder für ihre eigenen Werke verwendeten. Die Gipsmodelle besonders beliebter oder berühmter Skulpturen konnten in Katalogen eingesehen und bestellt werden. Andere Modelle stammten vom jeweiligen Künstler selbst: Vor der Auslieferung hielt er seine Figuren in Form von Gipskopien fest. So konnte er sie in einem nächsten Auftrag reproduzieren. Die handschriftlichen Nummern, die Sie auf einigen Gipsen sehen, deuten darauf hin: Es könnten Bestellnummern oder interne Signaturen sein.

Alle Abbildungen: Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum