Station: [18] Günther Bossert – Salto Mortale mit dem Motorrad


„Was willst Du machen, Günther?“
„Einen Salto Mortale mit dem Motorrad!“
„Wie soll das denn gehen?“
„Ganz einfach, Bernhard – auf dem Seil!“

Er war immer schon eigen und gilt als Eigenbrödler, der Zweiradmechanikermeister Günther Bossert. Doch er ist stets für eine Überraschung gut.

Als Bastler und Tüftler verbringt er viele Stunden in seiner Werkstatt. Dort entwickelt er eine Drahtseilattraktion mit seinem Motorrad, einer NSU Fox. Mit der braust er auch gerne einmal erdverbunden mit einer Kamera am Lenker durch Eppingen.

Bereits 1952 gelingt ihm sein erster Coup: Mit seinem Schulkameraden Bernhard Filsinger als Untermann absolviert er eine Motorradfahrt auf dem Drahtseil. Doch Günther Bossert will mehr! Nur ein Jahr später, auf einem Motorsportfest in Flehingen, macht er Furore mit einer sensationellen Welturaufführung – dem Motorradüberschlag mit Untermann.

Doch die verdienten Lorbeeren ernten andere.

Die schon damals international bekannte „Traber-Truppe“, die bei einem früheren Treffen den „Amateur“ Günther Bossert belächelt und seinen Plan als nicht umsetzbar abgetan hat, schreckt nicht davor zurück, dessen Salto Mortale zu kopieren und öffentlich aufzuführen. Einen Monat nach dem Treffen präsentieren die Artisten auf der Zugspitze Günther Bosserts Entwicklung als ihre Welturaufführung, wobei sich die Artisten widerrechtlich auch als Urheber ausgeben. Bossert protestiert. Um eine Klage zu verhindern, wird er mit 1.000,- DM abgefunden.

Späte Anerkennung erfährt der erfindungsreiche Mechanikermeister dann doch noch. 1961 dokumentiert das Fernsehen seinen „Salto Mortale ohne Untermann“ unter dem Titel „Weltsensation in der Kleinstadt“. Günther Bossert wird zum Star – seine Kunst jedoch bleibt brotlos.

Zwar lautet sein Werkstatt-Motto „Wenn Du nichts zu tun hast, so tue es bitte nicht hier“, sprich: „Halt mich nicht von der Arbeit ab“. Dennoch lässt die Auftragslage mehr und mehr zu wünschen übrig.

Günther Bossert sieht sich schon bald veranlasst, neben seiner Fahrrad- und Nähmaschinen-Werkstatt, Tätigkeiten als Kinovorführer sowie als Fahrer beim „Roten Kreuz“ anzunehmen. 

Einen Kindheitstraum erfüllt er sich nebenher mit dem Aufbau seines „selbstentworfenen“ Westerndorfes Ponderosa vor den Toren Eppingens, zu dessen Eröffnung sogar Bonanza-Darsteller Lorne Greene erscheint. Regelmäßig tritt Bossert auch dort mit seinen Motorradkunststücken auf.

Sein Haus in der Kirchgasse, ein altes Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert, das Bossert bis 1996 bewohnt, steht noch heute. 
Günther Bossert stirbt 2001, wenige Tage vor seinem 74. Geburtstag.

Alle Abbildungen: © Stadt- und Fachwerkmuseum Eppingen