Station: [7] Wilhelm Schwabe (1884-1914)


Wilhelm Schwabe

geboren 1884 – gefallen 1914

 

Tagebuch 1914

Wilhelm Schwabes Kriegseinsatz beginnt am 10. August 1914. Ausführlich schildert er das Kriegsgeschehen auf einem Durchschreibblock. Damit seine Braut Erna daran teilhaben kann, schickt er ihr die Originalseiten regelmäßig zu. Ein letztes Mal schreibt er am 19. September 1914. Am folgenden Tag fällt er und wird in Frankreich begraben. Erhalten ist ein kleines, in Leder gebundenes Buch, das Erna als Andenken an ihren Geliebten gestaltet und ihr Leben lang aufbewahrt. Es enthält Fotografien und die Abschrift des nicht mehr erhaltenen Tagebuchoriginals. Sie schließt ihr Gedenkbuch mit den Worten:

Die Liebe ist stärker als der Tod. – Diesen Spruch ließ ich auf dein Grabdenkmal in Courtecon (Frankreich) setzen.

Deine Erna

Wilhelm Schwabes letzter Tagebucheintrag

Im Schützengraben am 19.9., nachmittags halb vier Uhr.

Gleich werde ich nochmal nach Heinrich sehen, das heißt, wenn es mir gelingt, aus der Schützenlinie zu kommen, wenn das Feuer der feindlichen Artillerie nicht zu stark ist. Vielleicht gelingt es mir dann auch, den Brief an meine Erna los zu werden. Heute vormittag geht es verhältnismäßig gut im Schützengraben, es regnet nicht! Das sagt alles. Augenblicklich wünschen wir uns nichts sehnlicher, als daß es trocken bleibt oder wird.

Wie ich heute von Heinrich zurückkam, wurden Postsachen ausgegeben. Ich hörte, es seien mehrere Sachen für mich dabei und war vor Freude fast außer mir, wie auf meine Frage der Feldwebel mir dieses bestätigte. Er gab mir die Sachen und ich erlebte eine furchtbare Enttäuschung. Einen Geldbrief über 10 Mark von Onkel Wilhelm aus Colenfeld und eine Karte von Frida Feldmann und eine Karte von Heinrich Ahrens aus Bückeburg, war alles, was ich da hatte. – Ganz gewiß, ich habe mich über alles das gefreut, bin für alles herzlich dankbar. Aber – Erna, von Dir, von Dir mein Alles, und von zu Hause hatte ich nichts dabei. Wie mag das nur kommen, daß Deine Briefe und die Briefe von Heidorn nicht, oder doch so unerhört langsam und unzuverlässig kommen? Eine Postkarte, ein Brief und zwei Pakete ist alles, was ich bisher erhalten und Du liebe Erna, hast doch gewiß fast täglich etwas abgesandt.

Meine Sehnsucht nach Briefen von Dir ist ja so unsagbar groß.

Alles ertrage ich gern – nur mit Dir muß ich in Verbindung sein, von Dir zu hören bekommen. Auf allen Deinen Sendungen schreibe vor allen Dingen ganz deutlich in dick mit rot unterstrichen Reserve-Division 13. Heute Nacht haben wir nochmal eine Patrouille. Ein Offizier, 2 Oberjäger, 2 Gefreite und 12 Jäger. Das ist wirklich besser wie die Nacht im Schützengraben.

Für heute schnell Schluß. Die Stabsordonnanz will von hier aus die Briefe mitnehmen. –

Behüt Dich Gott meine Erna! Grüße die liebe Mama herzlich. Grüße alle Lieben in Heidorn und laß Du, mein Glück, Dich herzlich umarmen und küssen von Deinem, ewig Deinem Wilhelm.

Alle Abbildungen: © Gerhard Seitz, Das Deutsche Tagebucharchiv e.V.